Das Ordnungsgen
Für unsere elfköpfige Familie war es ein Glück, dass meine Frau nicht nur zügig und konsequent, sondern auch – wie sie mir immer wieder glaubhaft versicherte – mit ehrlicher Freude für Ordnung sorgt.
Selbst in den Jahren, als sich ein gutes halbes Dutzend Kinder im prä-, voll- und postpubertären Stadium mit der damit einhergehenden Aversion gegenüber althergebrachten Kriterien für ein einigermaßen wohnliches gemeinsames Zuhause befand, schaffte sie es, zumindest von der Haustür bis zum Speisezimmer einen gemütlichen Korridor zwischen den Kinderzimmern freizuhalten.
Vielleicht war es nicht immer nur Freude, wenn sie vor gut 20 Jahren mit flackerndem Blick das Zimmer unseres Ältesten betrat. Entschlossen kämpfte sie sich bis zum Fenster vor („Luft!!!“), wobei ihre zierlichen Beine in einem Wust von schmutziger und sauberer Wäsche, Schulund Sportutensilien, Büchern und Pickerlheften bis zur halben Wade verschwanden.
Manchmal gelang es mir, sie sanft an der Zimmertür vorbeizuschieben. Aber wehe, diese stand einen Spalt weit offen! Wie von einer geheimnisvollen Macht wurde sie erfasst, sie konnte nicht anders, sie musste hinein, weil sie unter Unordnung geradezu körperlich leidet. Kurz gesagt: Sie hält den Saustall nicht aus. Wenigstens einem von unseren Söhnen hat sie das Ordnungsgen weitergegeben. Der Jüngste machte schon im Vorschulalter eigenständig sein Bett und Unordnung ist ihm bis heute ein Gräuel. Er war es auch, der Astrid auf die Modeströmung des „Magic Cleaning“aufmerksam machte. Marie Kondo, eine zierliche Japanerin, deren Buch über ihre spezielle Methode des Aufräumens sich weltweit bislang mehr als drei Millionen Mal verkaufte und die das „Time“-magazine zu den 100 einflussreichsten Menschen der Welt zählt, ist auch in einer Fernsehserie zu bewundern, deren erste Folge ich mir auf ihre dringliche Bitte hin mit meiner Frau anschaute.
Darin kommt Frau Kondo zu einem Jungunternehmer, seiner Frau, einem Sohn im Kindergartenalter und einem etwa zweijährigen Töchterchen. Wie die japanische Ordnungsfee vorgeht, erfahren Sie in einer Woche an dieser Stelle.
„Meine Frau leidet körperlich unter Unordnung. Kurz gesagt: Sie hält den Saustall nicht aus.
160 Seiten, 16,90 Euro