„Politik muss sich den Fragen in der Pflege stellen“
Unsere Leser fordern faire Entlohnung der Pflegekräfte und mehr Zeit für die ihnen Anvertrauten.
Ich bin seit über 30 Jahren als Diplomierte Gesundheitsund Krankenpflegerin tätig, 15 davon als Pflegedienstleitung eines Pflegewohnheimes, zeitweise mit Führungsverantwortung für bis zu 50 Mitarbeiterinnen. Aus meiner Sicht sind die aktuell laufenden Forderungen in den Kv-verhandlungen nicht Wunsch der Mitarbeiterinnen, sondern reines Kalkül der Gewerkschaften, die aktuell Oppositionspolitik betreiben. Meine Mitarbeiter betonen, dass sie nicht zu wenig verdienen, sondern mehr Zeit für die Bewohner während der Arbeitszeit benötigen. In diesem Sinne sind die Forderungen nach einer 35Stunden-woche völlig überzogen!
Die mit dem Land Steiermark verhandelten Personalausbauschritte sind ein Schritt in die richtige Richtung, diese jetzt wieder mit einer Arbeitszeitverkürzung (da Fachkräftemangel) fast unmöglich zu machen, ist mit Sicherheit nicht im Sinne der Pflegekräfte und schon gar nicht im Sinne der Angehörigen und zu Pflegenden. Viel wichtiger ist es, die Personalausbauschritte auch wirklich für die Mitarbeiter spürbar in einer besseren Besetzung im Dienst umzusetzen!
Außerdem sollen die Stunden bezahlt werden, welche auch tatsächlich gearbeitet werden, dann aber zu einem fairen Stundensatz (die Lohnverhandlungen mit drei Prozent Erhöhung sind ein gutes Angebot)! Fragen rund um die Pflege alter Menschen und deren Betreuung endlich stellen. Was die Pfleger in all diesen Heimen wirklich leisten, weiß nur der, der wie ich täglich einen alten Menschen besucht. Darum wäre es höchst an der Zeit, diesen Sozialarbeitern – ob in Pflegeeinrichtungen oder privat – mehr Aufmerksamkeit zu schenken und sie für ihre (oft unbezahlbaren) Dienste besser zu entlohnen und so den Beruf auch attraktiver zu machen.
Natürlich merkt die Öffentlichkeit nichts von diesem Warnstreik – aber es geht um Menschen, die all die alten Leute pflegen, die unser Land nach dem Krieg aufbauten. Vergessen wir auch eines nicht: Auch wir werden bestimmt einmal Pflege und Betreuung brauchen. gestalten. Über alle vom österreichischen Sozial- und Gesundheitsunternehmen (SWÖ) erfassten Berufsgruppen hat der Pflegeberuf einen Anteil von maximal 50 Prozent. Die Gewerkschaften verwenden also die berechtigten Forderungen für das Pflegepersonal, um Forderungen für alle Berufsgruppen durchzusetzen. Der Verhandlungskompromiss müsste also sein, die Pflege mehr als 3 Prozent zu erhöhen, die anderen Berufsgruppen entsprechend weniger.
Dass auch Landespolitiker durch Erhöhung der Pflegesätze zur Entschärfung der Situation beitragen könnten, steht außer Frage. Der Streik der Pflegekräfte ist eigentlich kein Protest, sondern ein Hilferuf des Personals. Die Verantwortlichen für die untragbaren Zustände sollen einmal einige Tage in den Heimen mitarbeiten. Dass ein Notdienst aufrechterhalten wird, zeigt, dass für das Personal immer der Mensch im Vordergrund steht. Der Bericht zeigte mir, dass jeder Mensch die Gelegenheit haben sollte, die Arbeit in einem Seniorenheim kennenzulernen. Wir wollen nicht konfrontiert werden mit Demenz, Hinfälligkeit, Abhängigkeit von Pflegepersonal und letztendlich auch mit dem Thema Sterben. Persönlich habe ich nach einem „nüchternen Arbeitsleben“das Bedürfnis gehabt, etwas im sozialen Bereich zu tun, was in diesem Fall die Betreuung einer Seniorin im Pflegeheim war. Was mir von dieser leider zu kurzen Zeit in Erinnerung bleibt, ist die Dankbarkeit der Bewohner, Hilfe anzunehmen, lange Gespräche zu führen und auch den letzten Moment im Leben zu begleiten. Hochachtung vor all denen, die einen Beruf gewählt haben, der so anstrengend ist und vor allem viel Herzensgüte erfordert.