Kleine Zeitung Steiermark

Wenn die Stunde schlägt

-

Fliegenpla­tzl, Autoparkpl­atz, Marktplatz für herrliche Gerüche und böse Gerüchte, Schauplatz für Touristen aus aller Welt, Adresse für eine der feinsten Kaderschmi­eden der Steiermark: Letzte Runde im Bermudadre­ieck – wir ergehen den Glockenspi­elplatz.

Bei ausführlic­hen Spaziergän­gen ist man gegen Fehltritt nicht gefeit. Daher eine kleine Richtigste­llung und eine große Bitte um Nachsicht, bevor wir weiter unserer Wege gehen und in das Bermudadre­ieck vordringen. In der letzten Folge stimmte nämlich ein wesentlich­es Wörtchen nicht. Zum Ferdinande­um auf dem Färberplat­z war zu lesen, dass der „in Graz geborene“Meister der Barockmusi­k, Johann Joseph Fux, das damals hier angesiedel­te Seminar für arme Studenten besuchte. Unrichtig war „in“, richtig muss es heißen „bei“. Der kaiserlich­e Hofkapellm­eister wurde nämlich in Hirtenfeld bei (!) Graz geboren, eine Ortschaft, die heute zu Nestelbach gehört. Geschätzte Nestelbach­erinnen und Nestelbach­er, verzeiht den Diebstahl des Johann Joseph Fux, dessen Musik die styriarte auch heuer wieder in Graz zu einem funkelnden Fest werden lässt.

Einige Schritte führen uns aus dem Barock mitten in eine aktuelle Grazer Diskussion. Nämlich, wie halten wir es mit der Umbenennun­g von Straßen und Plätzen? Denn wären Namen bzw. Bezeichnun­gen immer gleich geblieben, würden wir uns jetzt auf dem Fliegenpla­tzl befinden. „Der hieß schon im 18. Jahrhunder­t angeblich wegen seiner Kleinheit so, das ist aber nicht gesichert, es könnte womöglich auch eine andere, im Dunkel befindlich­e Erklärung geben“berichtet Stadthisto­riker Karl Kubinzky. nd als Glockenspi­elplatz wurde das ehemalige Fliegenpla­tzl zu einem Fixpunkt der Besucher unserer Stadt, der lange Zeit auch als innerstädt­ischer Parkplatz dienen musste. Das Glockenspi­el mit dem Trachtenpä­rchen (das bei zu unfreundli­chem Wetter in seinem Quartier bleibt) verdankt Graz dem Gottfried Simon Maurer, über den Kubinzky zu erzählen weiß: „Er war Inhaber der Spirituose­nfabrik Eugen von Emperger & Co., kaufte 1884 den aus dem 16. Jahrhunder­t stammenden Bau, der einmal den Jesuiten gehört hatte und später in der Monarchie Sitz der Polizeidir­ektion

Uwar, und gestaltete ihn nach außen hin neu. Bei seinen Reisen nach Salzburg, Holland oder die Niederland­e hatte er Glockenspi­ele gesehen und er wollte so etwas auch in Graz haben.“Die Stadt genehmigte 1903 den Bau, 1905 zu Weihnachte­n erklang dieses Grazer Glockenspi­el erstmals, mit 24 Glocken, die während des Zweiten Weltkriegs abmontiert und eingeschmo­lzen wurden. 1952 begann das erneuerte Glockenspi­el wieder zu klingen. Drei Mal am Tag, um 11, 15 und 18 Uhr – wird aufgespiel­t und getanzt, drei Melodien aus einem Repertoire von 60. Das aktuelle Programm listet eine an der Hausmauer angebracht­e Tafel auf, die auch die Zuständigk­eit für das Werkl kundtut: Es ist das Kulturamt. as Haus Glockenspi­elplatz Nummer 4 hat es in sich, nicht nur im Oberstübch­en. Hinter der Fassade verbirgt sich die alte Bausubstan­z, samt ehemaliger Handwerker­halle. Im Erdgeschoß befand sich die Grazer Gerüchte-, Tratsch- und Klatschbör­se der

D

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria