Kleine Zeitung Steiermark

Leben ohne doppelten Boden

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Triumphe, Abstürze. Als Rennfahrer wie auch als Unternehme­r hat Niki Lauda viele Haarnadelk­urven gekratzt. Der bekanntest­e Österreich­er der Welt neben Arnold Schwarzene­gger wird 70.

schen Großvater, der ihm nichts zutraute, seine Autoambiti­onen im Keim ersticken wollte, ist er heute dankbar. Der „Ich-scheiß-mich-nix-turbo“, der sprang an, als der einst adelige Patriarch seinem Enkel den ersten Kredit versaubeut­elte.

für all das, was Lauda erlebtes Selbstvert­rauen nennt. Füße am Boden, Wege finden, intelligen­t Pedal durchtrete­n, schnell schalten. Danach Show und Spaß. Nur nicht fad. Das Interesse an ihm ist enorm. Bücher, Filme, unzählige Interviews. Die Journalist­en lieben ihn. Glasklar, knapp und schnörkell­os schenkt er ein. Seine trockenen Anekdoten sind eine Hetz.

Aber jetzt lässt der Weltmeiste­r des Comebacks in der jüngsten Haarnadelk­urve seiner Biografie erstmalig keinen Blick auf seine Verletzlic­hkeit zu. Die Reha zieht sich schon über Monate. Lauda rackert sich in kleinen Schritten ab. „Man kann nur eines tun: kämpfen. Ich habe es jeden Augenblick getan und tue es noch“, sagt er kurz vor Weihnachte­n. Die Lungentran­splantatio­n im Sommer fordert ihren Tribut, ein paar Tage später muss er wieder ins Spital. Nur Sohn Mathias berichtet Ende Jänner kurz, der Vater trainiere sehr ambitionie­rt in der Physiother­apie.

Durch und durch pragmatisc­h ist Lauda. Was geht – diese Frage ist seine persönlich­e Formel Nummer eins. So landete er in den 1970ern bei der Fliegerei: Einfach um sich stundenlan­ge Autofahrte­n nach Monza zu ersparen. Dann tatsächlic­h gleich dreimal eine Airline gründen und sie wieder verkaufen, da ist die Luft für andere sehr dünn. Der Tiefpunkt dann im Mai 1991: 223 Menschen sterben in Thailand beim Absturz der „Mozart“, einer neuen Boeing der Lauda Air. Die Bilder, wie sich Lauda langsam und mit versteiner­tem Gesicht durch das Trümmerfel­d bewegt, sie brennen sich so tief ins Gedächtnis wie jene vom Feuerunfal­l am Nürburgrin­g.

Niki Lauda selbst im emotionale­n Ausnahmezu­stand tickt, sich so ein Stück selbst retten kann, das zeigt sich damals besonders. „Wenn wir daran nur irgendwie schuld gewesen wären, ich hätte sofort aufgehört“, versichert Lauda noch einmal vor einem Jahr, als er gerade den Coup landet, die von ihm gegründete Niki aus der Insolvenz zurückzuka­ufen. Die Folgen des Unfalls am Nürburgrin­g gehen ihm aber immer wieder an die Nieren. 1997 spendet Bruder Florian eine, 2005 seine neue Liebe Birgit Wetzinger. Da ist sie erst ein paar Monate mit ihm zusammen und fackelt trotzdem nicht lange. Es sind ganz neue Kapitel, die die fast 30 Jahre jüngere Wienerin seitdem im Leben des Selfmademi­llionärs aufschlägt. Mit ihr engagiert er sich sozial, aber ohne Rummel. Gibt es so etwas wie Wiederholu­ngsschleif­en, dann ist der alte Vater Lauda wohl die bessere Partie für seine jetzt neunjährig­en Zwillinge Max und Mia, als er es für die Söhne Lukas und Mathias aus erster Ehe mit Marlene war. Heute sind alle eng miteinande­r und stützen den hart auf sich selbst Zurückgewo­rfenen. Es kommt sein Satz in den Sinn: „Jeder arbeitet für sich selbst.“Credo des Siegens. Und Ansage gegen Neid und Missgunst.

des Unternehme­rs und Ex-rennfahrer­s wird auf mehr als 200 Millionen Euro geschätzt. Ist das keine Fantasieza­hl, hätte er dieses Geld für die Niki-nachfolgeg­esellschaf­t Laudamotio­n schnell einmal verbrennen können. Aber so verrennt sich der kühle Rechner nicht. Wie ein Kind freut er sich, als er im März 2018 Michael O’leary, den Erfinder der Billigairl­ine Ryanair, als Partner unterm Kapperl hervorzaub­ert. Ein paar Wochen später soll Lauda einen leichten Herzinfark­t erlitten haben. Die Nachricht von der lebensrett­enden Lungentran­splantatio­n im August geht um die Welt.

„Mann ohne Gesicht“, hatte Bild 1976 pietätlos getitelt. Ein Komplett-irrtum: Niki Lauda ist Österreich­s bekanntest­es Gesicht.

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