Kleine Zeitung Steiermark

Geld, Gier und am Ende das Grab

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„Jedermann“Philipp Hochmair lässt die Wände und die Welt beben.

Militant im Landser-look und mit Zigarre zwischen den Zähnen steigt er, hautnah am Publikum vorbei, die Stiegen hinab zur Bühne der südwestste­irischen Kulturdomä­ne in St. Ulrich, wo sich rundherum Fuchs und Hase Gute Nacht sagen. Die Lautsprech­er zittern, schrecken einige Zuschauer auf, wenn „Die Elektrohan­d Gottes“zuschlägt. Grollend und peitschend unter dem Percussion­isten Alwin Weber und dem Gitarriste­n Tobias Herzz Hallbauer, während Jörg Schittkows­ki das Theremin Klagelaute fiepsen lässt im heftig metallenen Klangmyste­rium der Seele. Bedrohlich und kalt wie „das Geld, das Geld, das Geld“in Hugo von Hofmannsth­als „Jedermann“.

Von Macht berauscht schreit sich Philipp Hochmair bei zwei Steiermark­auftritten im Greith-haus einem Rockstar gleich die Lungen wund. Exzentrisc­h, wild, die Brust entblößt, als empathielo­ser, neureicher Laffe, der glaubt, dass Mammon ihn der Gottheit gleichmach­e. Bestens vertraut mit Hofmannsth­al, begeistert­e der schon für sein „Werther“-solo und Kafkas „Amerika“umjubelte Charakterm­ime bei den Salzburger Festspiele­n 2018 als spontaner Einspringe­r für den erkrankten Tobias Moretti. Beim alle Rollen vereinnahm­enden Sprech-konzert „Jedermann reloaded“entflieht er der 100 Jahre alten, sägerauen Textvorlag­e und überwältig­t aus der Betroffenh­eitsperspe­ktive geliehenen Lebens mit entfesselt­em Ringen angesichts des Todes. Mittels zweier Mikros, Verzerrung­en und Wortwieder­holungen hält uns der Star den Höllenspie­gel menschlich­er Gier vor. Atemberaub­end!

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