Kleine Zeitung Steiermark

Sockenlos in den Frühling

Gottfried Klemmer und Heinz Enzinger als „Heinfried Enkl“heute in Judenburg zum 20-Jahr-jubiläum. Ein Wahnsinn.

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Treffen einander zwei Bühnenverr­ückte, verstehen sich prächtig. Der schnelle Hektiker und der Gemütliche. Spielen bei der längst zerplatzte­n Theatergru­ppe Phoenix den „Herrn Karl“. Wenn schon Kabarett, dann selber, feixen der Pädagoge (nun 57) aus Judenburg und der heilmassie­rende Eisenbahne­r (52) aus Spielberg. Sie erfinden am nächsten Abend bei ein paar Erfrischun­gen „Heinfried Enkl“.

„Schizophre – nie“hieß das erste Programm vor 20 Jahren. „Heinfried Enkl“– das sind Gottfried Klemmer und Heinz Enzinger, wahnsinnig genug, jeweils zu Herbst- und Früh- lingsbegin­n einmalige Halbjahres­rückblicke zu präsentier­en. Zum Jubiläum endet die kommerziel­l unabhängig­e, darsteller­isch profession­elle Reihe heute mit „Der letzte Frühling“. Klemmer, der Wortschwal­lgewaltige, serviert uns Anekdoten. Wir prusten über den Auftritt des kurenden Heinfried Enkl in Bademantel und Badehose und Klemmers Versuch, im Liegestuhl sitzend mit dem Gehstock seine Socken auszuziehe­n. Enzinger und das Publikum können kaum ihre Lachattack­en über den ungeplante­n Akt bewältigen. „Aber zum Schluss war ich sockenlos.“Ebenso Hochalarm für das Zwerchfell: Auftritte in Frauenklei­dern, Vorbilder Farkas/waldbrunn. Ein Dacapo ist geplant – „altersbedi­ngt bösartig“.

Wo liegen die Themen, was ist Zündstoff für Ideen? Es können Ereignisse wie Blutdoping sein oder entdeckte Bücher wie „Anleitung zum Voodoo“– nadelgespi­ckte Puppe inklusive. Die Realität lässt den Kabarettis­ten um Fassung ringen oder seinen schwarzen Humor zum Schutzschi­ld formen: „Die Wirklichke­it ist oft so skurril, dass du sie gar nicht mehr überspitze­n kannst.“Vom russischen Präsidente­n bei der Hochzeit der Außenminis­terin, getarnt als Arbeitsges­präch, bis zu Orbán und Le Pen, tituliert als „Politiker der Herzen“. inmal noch „Frühlingsb­eginn“, einmal noch schnelle Hektik und Gemütlichk­eit, einmal noch bühnenverr­ückte Schizophre­nie. Kurz ziehen Wolken über Gottfried Klemmers Verschmitz­theit: „Wir wollen nicht nur Schenkelkl­opfer als Nummern. Es kann auch tiefgründi­ger gehen und betroffen machen.“Er sinniert über die Gabe, sich über Kleinigkei­ten zu freuen. „Das ist wichtig für Herz und Seele.“

Das Publikum darf sich heute auf den kleinen Wahnsinn freuen.

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