Eine „letzte Chance“für Orbáns Fidesz
EVP legt die Mitgliedschaft der ungarischen Partei auf Eis. Kommission sucht Lösung.
Die Luft in der Vorstandssitzung der Europäischen Volkspartei (EVP) in Brüssel muss zwischenzeitlich zum Zerschneiden gewesen sein. So jedenfalls berichten es Sitzungsteilnehmer. Es war lange Zeit keine klare Richtung zu erkennen im Streit um einen Ausschluss der ungarischen Regierungspartei Fidesz von Premier Viktor Orbán unter den Mitgliedern der konservativen Parteienfamilie.
Der Luxemburger Frank Engel sprach von einer Liste von Schandtaten der Fidesz. Es habe bereits 15 Debatten im Eu-parlament zu Ungarn gegeben. „Wir haben nicht dasselbe Problem wie mit Österreich vor 19 Jahren“, verwies Engel auf die Sanktionen gegen Schwarzblau unter Kanzler Schüssel. Er sei nicht bereit, den Kompromiss mit der Suspendierung zu akzeptieren, „wir wollen den Ausschluss“.
Der französische Vertreter und die italienische Politikerin traten für die Einheit der EVP auf. Allerdings war der Franzose für eine Suspendierung, die Italienerin dagegen. Die Partei der ungarischen Minderheit in Rumänien sprach sich für eine Verschiebung der Debatte bis nach den Eu-wahlen am 26. Mai aus. Die bayerische CSU wollte einen Weg finden, um die „destruktive Diskussion zu beenden“. Der polnische Evp-vertreter betonte, die Debatte habe nichts mit der Teilung zwischen Ost und West zu tun. Es gehe vielmehr um den Respekt vor den Regeln. Die EVP zeichne sich durch Respekt und Geduld aus. Er rief die Fidesz auf, Reife zu zeigen und nicht die letzten Brücken abzubrechen. Die albanischen Konservativen meinten, der Raum für Kompromisse sei noch nicht erschöpft. Ein Ausschluss wäre ein Geschenk für die Feinde der Partei. EVPCHEF Joseph Daul drohte schließlich: „Wenn wir keinen Kompromiss finden, werde ich zurücktreten.“
Dann ersuchte Sloweniens Ex-premier Janez Jansa um eine neunzigminütige Unterbrechung, um einen neuen Text zu verhandeln. Schließlich gelang der Durchbruch: Die Mitgliedschaft der Fidesz wird auf Eis gelegt. Eine Evaluierungskommission soll entscheiden, wann und ob die Mitgliedsrechte wieder in Kraft gesetzt werden.
Ein Austritt scheint zunächst abgewendet. Denn Orbán hatte gedroht, er werde den Vorschlag von Evp-spitzenkandidat Manfred Weber nicht akzeptieren und im Fall einer Suspendierung selbst austreten. Dem Weisenrat sollen Ex-ratspräsident Herman Van Rompuy, Wolfgang Schüssel und Ex-parlamentspräsident Hans-gert Pöttering angehören. Für den Övp-spitzenkandidaten Othmar Karas ist diese Suspendierung eine „letzte Chance“.