Treffen sich zwei Vulkane in Salzburg
„Adriana Lecouvreur“als Belcanto-fest mit Anna Netrebko, Anita Rachvelishvili & Co.
Anna Netrebko zeigt in Salzburg, was es heißt, Oper im Blut zu haben, selbst wenn es sich nur um konzertante Aufführungen handelt. Da pocht es künstlerisch unvergleichlich. Nach Puccinis „Manon Lescaut“2016 nun in Francesco Cileas „Adriana Lecouvreur“, von ihr selbst in kleine Szenen gesetzt. Die 1730 in Paris spielende (echte) Liebesgeschichte zwischen Lecouvreur, einer Berühmtheit der Comédie française, und dem Heerführer Moritz von Sachsen, den auch die Fürstin von Bouillon begehrt, wurde 1902 in Mailand uraufgeführt. Die Titelpartie ist maßgeschneidert für eine Primadonna wie Netrebko.
Maßgeschneidert auch die von Swarovski mit insgesamt 140.000 Kristallen besetzten Roben für die Diva. Schon ihre Auftrittsarie beweist: Die Ausnahmesopranistin kann auch mit 47 immer noch eine Schicht Gold in ihrer Stimme zulegen, und in den tieferen Lagen kommt feinster dunkler Brokat hinzu. In Cileas Commedia-drama, das leichtfüßigerotisch beginnt und nach In
trigen und Irrungen mit einem Eifersuchtsmord endet, sorgt aber nicht nur die russisch-österreichische Sängerin für ein Belcanto-fest. Der Georgierin Anita Rachvelishvili gelingt als Principessa das Kunststück, Netrebko mit urgewaltigem Mezzo fast die Show zu stehlen. „Wie wenn sich zwei Vulkane treffen“, schwärmt ein Zuhörer über das Feuer der zwei leidenschaftlichen Rivalinnen.
Netrebko steht wieder ihr Mann Yusif Eyvazov zur Seite, dessen Tenor gewonnen hat und dem als hin- und hergerissenem Maurizio schöne Momente gelingen. Im durchwegs starken Ensemble ragt noch Bariton Nicola Alaimo als Theaterregisseur Michonnet heraus. Marco Amiliato setzt mit dem wachen Mozarteumorchester und dem präsenten Philharmonia Chor Wien resche Akzente, weiß aber auch Lyrismen auszukosten.
Am Ende zehn Minuten tosender Jubel für die fulminante erste von drei Vorstellungen im Großen Festspielhaus.
Michael Tschida