Die Us-zäsur
Dass sich Sparen lohnt und auch den nicht Vermögenden zu Wohlstand verhilft, ist Treichl seit Jahren ein Anliegen. So, dass er dafür auch nach seinem bevorstehenden Ausscheiden aus dem Vorstand der Erste Group medial in den Ring steigen will. Was da von ihm zu erwarten ist, daran ließ er am Mittwoch keinen Zweifel.
Es könne nicht sein, dass Politiker nicht einmal darüber redeten, dass die österreichischen Sparer 2018 durch die Nullzinsen wieder weit mehr als fünf Milliarden Euro verloren hätten. „Das ist kritikwürdig.“Dabei gehe es selbstverständlich niemals um politische Einmischung in die Ezb-politik, aber sehr wohl um Finanzbildung, Ausgleiche über das Steuersystem und einen funktionierenden Kapitalmarkt. Die Absenz eines Kapitalmarktes habe massiv mit der Flucht der Anleger in den Immobilienmarkt zu tun, wodurch sich junge Menschen inzwischen keinen Wohnraum mehr leisten könnten.
„Wir erleben gerade die Japanisierung Europas“, so Treichl über die nun noch länger andauernde Nullzinspolitik der EZB. Japan hat seit Jahrzehnten Nullzinsen und geringes Wachstum. Zudem grase die EZB alles an Finanzprodukten vom Markt ab, die wenigstens noch gewisse Erträge lieferten.
Die Zahlen der Erste Group geben allerdings Zeugnis einer florierenden Wirtschaft und starken Kreditnachfrage auch und vor allem in den osteuropäischen Märkten. Das Risiko fauler Kredite ist aktuell extrem niedrig, berichtet Vorständin Alexandra Haberler-drabek. Für einige „Wermutstropfen“(Treichl) in der Halbjahresbilanz sorgte nur Rumänien. Dort muss die Bank nach einem sehr umstrittenen Urteil im Zusammenhang mit einer Bausparkasse 150 Millionen Euro rückstellen. Treichl schließt hier nun einen Rückzug nicht aus.
Eine Zäsur in der Geldpolitik erlebt indes die USA. Erstmals seit Dezember 2008 senkt die Notenbank Federal Reserve (Fed) Zinsen. Fed-boss Jerome Powell ließ gestern Abend wissen, dass man das Leitzinsband um 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 2,0 bis 2,25 Prozent reduziert. Zudem beendet die Fed die Drosselung ihres Anleihenprogramms im August, also zwei Monate früher als geplant. Die Zinswende soll Finanzmärkten und der Us-konjunktur neuen Schwung verleihen.