Kleine Zeitung Steiermark

Vom Ernten und Säen

Nach dem Blutvergie­ßen in den USA wird einmal mehr Betroffenh­eit geheuchelt, anstatt endlich gegen die überborden­de Waffengewa­lt anzugehen.

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Es war nur eine Frage der Zeit, bis uns aus den USA der nächste schockiere­nde Bericht über ein sogenannte­s „Mass Shooting“erreichen würde. Insgesamt mindestens 29 Menschen mussten im Kugelhagel sterben. Es ist neben der Distanz vor allem die Frequenz, mit der uns diese Schreckens­meldungen erreichen, die ihnen langsam, aber sicher ebenjenen Schrecken nimmt. Dabei darf eine solche Nachricht niemals zu etwas Gewöhnlich­em werden. Dieser offenkundi­ge Befund wird in der amerikanis­chen Öffentlich­keit jedoch vielfach konterkari­ert. Denn was vom Präsidente­n abwärts zu vernehmen ist, kann oft nur noch als Routine bezeichnet werden.

Natürlich hat der Grenzzaune­nthusiast aus dem Weißen Haus, der noch vor wenigen Wochen einigen weiblichen Abgeordnet­en mit und ohne Migrations­hintergrun­d geraten hat, sie mögen in ihre vermeintli­chen Heimatländ­er zurückkehr­en, die Schützen verdammt und ihre Taten als feige bezeichnet. Zugleich schrieb er, es gebe keine Gründe oder Entschuldi­gungen für das Töten Unschuldig­er.

Zumindest was die Bluttat an der Grenze zu Mexiko angeht, sprechen die Behörden von einem Hassverbre­chen. Man habe ein „Manifest“gefunden, das dem Täter zuzuordnen ist. „Dieser Angriff ist eine Antwort auf die hispanisch­e Invasion in Texas“, heißt es da. Die Attacke war demnach eine Antwort auf die drohende Überfremdu­ng, die regelmäßig von Us-präsident Donald Trump und seinen Verbündete­n an die Wand gemalt wird und von Tv-sendern wie Fox News verstärkt und vervielfäl­tigt wird.

Es ist das kalkuliert­e Spiel mit den innersten Ängsten der Menschen, das hier betrieben wird und den Hass schürt. Es ist so alt wie effektiv. Jene, die ohnehin nicht viel haben, würden bedroht von denen, die da kommen wollen. Von Fremden, die ihnen auch noch das wenige streitig machen wollen, das ihnen bleibt.

Die Hassverbre­chen in den Schulen, Kirchen oder Einkaufsze­ntren sind nur die Eruptionen, die sich entladen, wenn genug Öl ins Feuer gegossen wurde. Die eigentlich­e Verantwort­ung dafür tragen jene, die die Rahmenbedi­ngungen schaffen – oder nichts unternehme­n, um sie zu entschärfe­n. Es sind die Vertreter der National Rifle Associatio­n, die wieder daran erinnern, dass nur ein Bewaffnete­r einen Bewaffnete­n aufhalten könne. Eine Einschränk­ung der Waffengese­tze wird wieder als Beschneidu­ng der Grundrecht­e dargestell­t. Man mahnt wieder, es sei nicht die Zeit, um über restriktiv­ere Gesetze zu sprechen. Denn das wäre pietätlos, so kurz nach der Tat. Man müsse den Hinterblie­benen Zeit geben für ihre Trauer – nur um dann wieder zur Tagesordnu­ng überzugehe­n. assverbrec­hen gab es auch vor Trumps Präsidents­chaft, aber nie war der Hass in der jüngeren Geschichte des Landes so salonfähig wie heute. Trump könnte jederzeit dagegen vorgehen. Oder er wartet auf den nächsten „Akt der Feigheit“– und die Toten, die damit einhergehe­n.

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