Zufall und Gefälligkeit
Hat FPÖ-CHEF Strache für einen Casino-vorstandsposten Gegenleistungen versprochen? Dass dies jederzeit möglich wäre, ist das strukturelle Problem hinter der Casino-affäre.
Zunächst eine Vermutung: Heinz-christian Strache, Johann Gudenus und die anderen Durchsuchten sind in der Casino-causa vermutlich völlig unschuldig. Das muss betont werden, weil im Strafrecht bekanntlich die Unschuldsvermutung gilt. Bis zur rechtskräftigen Verurteilung hat man als nicht schuldig zu gelten. Dass sich die entfesselten Wahlkämpfer von SPÖ, Neos, Jetzt und Grünen um diesen Rechtsgrundsatz keinen Deut scheren und die gesamte türkis-blaue Ex-regierung eilends und pauschal an den Pranger stellen, beweist nur eines: Der Umgang mit (und der Respekt vor) dem Recht sind in allen politischen Lagern stark verbesserungswürdig.
Auch in der inhaltlichen Betrachtung der Causa sollten wir uns der Mühe unterziehen, Gut und Böse sorgfältig auseinanderzuhalten. Dass drei Eigentümer einer Firma jeweils einen „ihrer“Leute auf die drei Vorstandsposten setzen, ist ein völlig üblicher Vorgang und selbst dann kein Skandal, wenn eine anonyme Anzeige von einem Schriftstück weiß, in dem dieses verabredet wurde. Es war
also erlaubt, dass die Republik, die Novomatic und die Sazkagruppe je einen Vorstand in die Casinos Austria entsenden.
Bisher also alles o. k., aber jetzt wird es dafür umso problematischer. Denn die Republik durfte eben nur einen Vorstand entsenden, und das war Bettina Glatz-kremsner von der ÖVP. Diese Art Farbencode hat noch jede Regierungspartei vollzogen. Doch die mitregierende FPÖ drohte leer auszugehen. Offenbar hielt sie sich bei der Novomatic schadlos: Die überließ „ihren“Vorstandsposten dem FPÖ-MANN Peter Sidlo. Dass Sidlo vom Personalberater zuvor nicht empfohlen worden war, ist eine Story für sich, die die Optik weiter verdüstert.
Unter Wahrung der eingangs zitierten Vermutung wird streng zu untersuchen sein, wie es zu dieser Sitzverschiebung kam. Die zentrale Frage lautet: Hat Sidlo einfach Glück gehabt? So viel Glück wäre nach den Wahrscheinlichkeitsregeln beim Roulette und anderen Glücksspielen höchst unwahrscheinlich. Oder stand, wie die anonyme Anzeige sagt, eine Gegenleistung in Aussicht?
Dass so eine Gegenleistung überhaupt möglich ist und bei bösem Willen von einer regierenden Partei jederzeit sehr diskret erbracht werden kann: Das ist das strukturelle Problem hinter dieser Affäre. Für das Glücksspiel war Fpö-staatssekretär Hubert Fuchs zuständig. Ihm wäre es möglich gewesen, bei der Lizenzvergabe die Fäden zu ziehen. Und ein Wiederaufleben des kleinen Glücksspiels in Wien hätte die FPÖ zwar nicht im Alleingang durchsetzen können – aber zur Erhöhung der Gewinnchancen unterhält die Novomatic ja beste Kontakte in alle Parteien. chon bei vergangenen Lizenzvergaben standen ungute Verdächtigungen im Raum. Die neue Causa sollte Anlass zur Regeländerung bieten: Wir brauchen bei solchen Vergaben mehr Transparenz und eine Rechenschaft gegenüber der Öffentlichkeit, wie die Entscheidung zustande kam.
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