Kleine Zeitung Steiermark

Die Politik in der Kiste

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Zynisch-ironisch schloss sich mit Theresia Walsers „Die Empörten“der Salzburger Theaterrei­gen. Virtuos und mit grandiosem Ensemble bittet sie die Politik zum Affentanz.

der Stadtregen­tin gewesen sein. Die Gerüchtekü­che brodelt, auf den Straßen rumort es. Die einen sprechen von einem Selbstmord-attentat, die anderen beteuern, es habe sich um einen Unfall gehandelt.

Kurz vor der geplanten Trauerfeie­r stiehlt die Bürgermeis­terin gemeinsam mit ihrem echten Bruder den Leichnam, schleppt diesen in einer Nachtund-nebel-aktion ins Rathaus und deponiert die Leiche in einer Kiste, die auch als Sarg dient. Gute 500 Jahre alt soll das ehrenwerte Möbelstück sein, einstmals, so wird behauptet, lag auch Martin Luther darin.

Dies ist das Handlungsg­erüst für Theresia Walsers zynisch-ironischen Rundumschl­ag „Die Empörten“, im Untertitel als „finstere Komödie“bezeichnet. Bei dem Stück handelt es sich um ein Auftragswe­rk der Salzburger Festspiele, realisiert und nun uraufgefüh­rt in Koprodukti­on mit dem Schauspiel Stuttgart, das auch ein von Regisseur Burkhard C. Kosminski großarder

Vieles an ihrer Geschichte lässt Theresia Walser offen, sie will primär ein schrilles Zustandsbi­ld der aktuellen politische­n Verhältnis­se zeigen, geprägt durch Orientieru­ngs- und Schamlosig­keit, aber vor allem auch durch Verleugnun­gen. Wir kennen das. Mitunter schrammt sie in diesem exzellente­n Kammer- und Jammerspie­l nahe am Boulevard vorbei, nicht selten aber beweist sie auch, dass sie Thomas Bernhards Sprachfuro­r im Blut hat. Vieles zerrt sie gekonnt ins Lächerlich­e, Groteske, aber wirklich lachhaft ist es, wie sehr die Parteien samt ihrer Machtgeilh­eit in der Kiste stecken. Das wollte Theresia Walser belegen, das ist ihr eindringli­ch, bravourös und tückisch geglückt.

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