Kleine Zeitung Steiermark

Salvini ist vorerst gestoppt

Italien erlebt einen Ruck von rechts nach links. Illusionen über einen völligen Neuanfang sollte man sich aber nicht machen. Die neue Regierung dürfte es kaum bis 2023 schaffen.

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In Italien bahnt sich nicht nur eine neue Regierungs­koalition an, eine Neuausrich­tung der Politik in Rom steht bevor. Die populistis­che Fünf-sternebewe­gung paktiert nun mit den Sozialdemo­kraten anstatt wie in den vergangene­n 14 Monaten mit der rechtspopu­listischen Lega. Präsident Sergio Mattarella beauftragt­e Noch-premier Giuseppe Conte mit der Bildung einer entspreche­nden Regierung, die in den kommenden Tagen Kontur annehmen soll. Von rechts außen schwenkt Italien nun nach links. Die Sozialdemo­kraten haben dabei das vertrauter­e Profil. Wer die Populisten von der Fünf-sternebewe­gung sind, ist nur schwer auszumache­n. Als „linkspopul­istisch“wird die vom Satiriker Beppe Grillo gegründete Bewegung oft bezeichnet, die menschenfe­indliche Asylpoliti­k von Lega-chef und Innenminis­ter Matteo Salvini trug sie mit. Zu erwarten ist, dass die Linkskoali­tion sich vor allem der sozialen Frage zuwenden wird.

14 Millionen Italiener leben in Italien unter oder an der Armutsgren­ze. Das Rezept der Rechtspopu­listen um Salvini lautete „Italiener zuerst“. Die

propagandi­stische Kontraposi­tion von Immigrante­n und Einheimisc­hen, die wegen der Versorgung der „Fremden“zu kurz kämen, fruchtete bei Wählern.

Doch angesichts dieser Verkürzung und des harten Vorgehens gegen Migranten und Hilfsorgan­isationen im Mittelmeer bildete sich auch immer mehr Widerstand gegen die Ultrarecht­e. Dieser Humus bildet nun die ideologisc­he Substanz für die neue Linksregie­rung unter Conte. Dieser muss noch zahlreiche Hürden nehmen, es geht um Posten, Programmat­isches und letztlich auch um die Bestätigun­g der Fünf-sternemitg­lieder, die online über die Koalition abstimmen sollen. Ob es Conte und der Koalition gelingt, die sozialen Missstände anzupacken, davon hängt der Erfolg der neuen Exekutive ab.

Bei allen Mängeln, die auch die neue Exekutive aufweisen wird, hat sie schon jetzt ein Verdienst. Salvini ist vorerst gestoppt. Nun kommt es darauf an, die Italiener von der Illusion der Nützlichke­it von Sündenböck­en, in diesem Fall der Migranten, zu befreien. Die Propaganda hat sich angesichts der Unzufriede­nheit der Italiener über die Verhältnis­se im eigenen Land in vielen Köpfen festgesetz­t. Hier eine konstrukti­ve Politik zu machen, die den Wert der Solidaritä­t in den Mittelpunk­t stellt, ist die Herausford­erung für die Koalition. an sollte sich aber keine zu großen Illusionen machen. Sozialdemo­kraten wie Sterne sind in ihrem Inneren zutiefst zerstritte­n. Der stärkste Kitt für den Pakt von Rom ist, Neuwahlen hinauszuzö­gern. Die zahlreiche­n Regisseure der Politik haben ihre eigenen Pläne und Interessen. So gilt die baldige Bildung eines neuen Parteienbl­ocks der Mitte angesichts der Radikalisi­erung an den Rändern als ausgemacht­e Sache. Die Koalition dürfte auf harte Proben gestellt werden. Dass die neue Conte-regierung unter diesen Bedingunge­n das Ende der Legislatur­periode im Jahr 2023 erreicht, ist so gut wie ausgeschlo­ssen.

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