Der Fluch des billigen Geldes
EZB-KURS als Konfliktfeld. Neue Chefin Lagarde für weiter lockere Geldpolitik, Nationalbank-gouverneur Holzmann will Kursrevision.
Christine Lagarde war französische Finanzministerin und Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), eine Finanzexpertin also mit reichlich Politikerfahrung. Gestern steckte sie in Brüssel ihren Kurs als künftige Chefin der Europäischen Zentralbank ab. Vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Euparlaments ließ sie keinen Zweifel daran, dass sie ab November als Nachfolgerin von Mario Draghi dessen lockere Geldpolitik fortsetzen möchte. „Die Wirtschaft in der Eurozone ist auf kurze Sicht mit einigen Risiken konfrontiert“, sagte Lagarde. Die großen Volkswirtschaften Deutschland und Ita
lien sind in der Rezession, Frankreich nahe dem Minus. Sie stimme daher mit dem EZB-RAT überein, „dass eine konjunkturstützende Geldpolitik für eine längere Zeit gerechtfertigt ist“.
In konträre Richtung deuten die ersten Aussagen des neuen Gouverneurs der Österreichischen Nationalbank, Robert Holzmann, der am 1. September Ewald Nowotny ablöste. In einem Ö 1-Interview erklärte Holzmann am Wochenende, er wolle im EZB-RAT „eine kritischere Haltung gegenüber den Vorschlägen einer weiteren monetären Vertiefung“einnehmen. Mit Übernahme der Ezbführung durch Christine Lagarde sei eine Revision der Ezbstrategie angedacht. Er werde die anderen Ezb-direktoren nicht „in einer einzigen Sitzung überzeugen können“, wolle aber „einen Anstoß geben, dass stärker über Alternativen nachgedacht wird“.
Vorerst dürfte aber eher vollzogen werden, was erwartet wird. Dass nämlich der Negativzinssatz für Geschäftsbanken, die ihr Geld bei der EZB parken, von minus 0,4 Prozent weiter gesenkt wird. Minus 0,5 Prozent gilt als fix. Das könnte schon bei der nächsten Ezb-sitzung am 12. September passieren. Auch könnte es zu einer Wiederaufnahme der Anleihenkäufe kommen, die in den letzten Jahren die Bilanzsumme der EZB auf 4,7 Billionen Dollar haben anschwellen lassen (siehe Grafik).
In Deutschland geben viele