Eifriger Spurensucher
Komponist Franz Zebinger blickte für seine kommende Uraufführung ins 13. Jahrhundert zurück – zum adeligen Dichter Herrand von Wildon.
Franz Zebinger ist einer der renommiertesten Komponisten des Landes. 1946 in St. Peter am Ottersbach geboren, hatte er in Graz Musik studiert, legte sich danach als vielseitiger Tonsetzer eine ganz eigene Handschrift zu und gab sein umfassendes Wissen als Organist und Cembalist von 1977 bis 2003 als Lehrer an der Kunstuniversität und am Institut Oberschützen weiter.
Der 71-Jährige, der in Kumberg lebt, ist allerdings auch Romanist. Und promovierter Archäologe. Darum lässt ihn das Bewusstsein für geschichtliche Zusammenhänge nicht los: „Ich habe mich ja schon mit dem Vorarlberger Minnedichter Hugo von Montfort beschäftigt, der von 1413 bis 1415 Landeshauptmann der Steier
mark war: in meinem Oratorium ,Paradiesreise‘ für großes Orchester und Solisten.“
N ach dem großen Erfolg seines Opus 331 in Bruck vor zwei Jahren und heuer im Juni in Frohnleiten freut sich Zebinger auf seinen nächsten Streich. Fündig wurde er im „Ambraser Heldenbuch“, das Kaiser Maximilian I. in Auftrag gegeben hatte. Im Prachtkodex, der zu Beginn des 16. Jahrhunderts erschien, finden sich unter den Epen, Gedichten und höfischen Erzählungen auch vier Parabeln von Herrand von Wildon. „Ich hielt mich an den überlieferten, ein wenig modernisierten mittelhochdeutschen Text“, sagt Zebinger über die Verserzählung „Von der katzen“, die er für sein neues Oratorium verwendete.
Herrand, der Mitte des 13. Jahrhunderts in der Steiermark wirkte, war nachweislich der erste Adelige, der auch im erzählerischen Bereich tätig war. „Damals eine absolute Novität“, verrät Zebinger, der darauf verweist, dass es sich um einen zur Zeit der Entstehung hochaktuellen, auf die Ebene einer Fabel übertragenen Text handelt: „Wenn der Kater seine angetraute Katze verlässt, um auf Lepschi zu gehen, und dann reumütig zurückkehrt, heißt das nichts anderes, als dass man seinem ersten Lehensherrn treu bleiben sollte.“Gleichsam ein politisches Lehrstück mit dem Schlusswort: „Das râtet Herrand von Wildonie.“
Ein gefundenes Fressen für Franz Zebinger, der zur bevorstehenden Uraufführung sagt: „Diesmal habe ich zwar nur ein kleineres Orchester zur Verfügung, dafür aber baue ich originale melodische Zitate ein.“it dem Auftragswerk will die Marktgemeinde Wildon ihren großen literarischen Sohn Herrand wieder zum Leben erwecken. Bei einem Erfolg, der dank der einfach und tonal gehaltenen Strukturen laut Zebinger „schon irgendwie wahrscheinlich sei“, könnte es im Rahmen von Festspielen mehrfach aufgeführt werden.
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