Der vergiftete Diskurs
Wenn die ÖVP wirklich gehackt wurde, wäre es nach Silberstein-enthüllungen und Ibizaskandal das dritte Mal, dass Österreichs Politik mit üblen Methoden manipuliert wird.
Und wie sicher ist Ihr Passwort so? Wenn diese eher hässliche Angelegenheit rund um den Hacker-angriff auf die ÖVP etwas Gutes haben sollte, dann, dass das Thema Cyber-sicherheit ins öffentliche Bewusstsein rückt.
Also: Sollten Sie noch immer dasselbe Passwort für all Ihre Digitalzugänge verwenden – schlechtestenfalls irgendein geläufiges Wort, einen Vornamen, ein Geburtsdatum: Ändern Sie das. Auch wenn Sie nicht gerade eine Überschreitung von Wahlkampfkosten zu verschleiern versuchen. Hilfreiche Tipps, wie Sie sich schützen können, finden Sie auf Seite 11.
Nachdem wir das aus dem Weg haben, zurück zur Politik. In Sachen ÖVP gibt es grob gesprochen zwei Möglichkeiten: Wenn die Partei, wie ihre politischen Gegner unterstellen, die Hacker-attacke auf ihre Server samt massivem Datendiebstahl nur erfunden hätte, um von Berichten über Parteispenden, Überschreitung der Wahlkampfkosten und Ähnlichem abzulenken, wäre das ein Tiefpunkt in der politischen Kultur.
Schlimmer ist die zweite Möglichkeit: Wenn die Volks
partei gehackt worden ist, um aus politischen Gründen an ihre Geheimnisse zu kommen, haben wir es mit krimineller Manipulation der politischen Lage im Land zu tun. Das ist aus heutiger Sicht der wahrscheinlichere Fall – auch wenn es noch nicht möglich ist, die Plausibilität der Erklärungen der ÖVP zu be- oder zu widerlegen.
Wenn es einen solchen Hack samt gezielter Weitergabe von Informationen daraus gab – die ÖVP behauptet, manche der Informationen seien manipuliert worden, belegt ist auch das nicht –, ist es das dritte Mal binnen nur zwei Jahren, dass Österreichs Politik mit verwerflichen Methoden manipuliert wird: 2017 gelangten Informationen aus der Spö-kampagne (etwa über das Engagement Tal Silbersteins) über eine illoyale Exmitarbeiterin an Övp-beraterkreise. Im selben Jahr inszenierte ein noch näher zu ermittelnder Kreis eine aufwendige Videofalle in Ibiza, die schließlich die Regierung sprengen sollte. Und nun soll Datendiebstahl dazu geführt haben, dass Informationen über die Buchhaltung der ÖVP – etwa über den gezielten Bruch der Wahlkampfkostengrenze 2017 – publik wurden. amit wir uns nicht falsch verstehen: In allen drei Fällen war es richtig, die Informationen daraus zu publizieren. Dass die SPÖ Schmutzkübel-facebookgruppen aufstellte, dass Fpö-politiker einer falschen Russin Staatsaufträge versprachen, dass die ÖVP das Gesetz mit voller Absicht brach: Das sind Informationen, die Bürger haben sollten, wenn sie ihre Wahl treffen.
Aber die Methoden, wie diese Informationen an die Öffentlichkeit kommen, stellen eine neue Qualität der politischen Auseinandersetzung dar, die weit über frühere Gemeinheiten der Parteien untereinander hinausgeht. Ein politischer Diskurs, der von Händlern mit dubiosen Informationen, von zwielichtigen Detektiven und vielleicht sogar von Hackern geprägt wird: Das kann auf Dauer nicht gesund sein.
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