Kleine Zeitung Steiermark

Ganz schön ermüdend

Karen Köhler singt in ihrem Debüt „Miroloi“ein Klagelied auf das Patriarcha­t – in simplen Sätzen.

- Von Julia Schafferho­fer

Das Leben ist eine Insel. Eine patriarcha­l-archaische. Eine, auf der eigene Regeln gelten, die im heiligen Buch Khorabel stehen, auf der Gewaltente­ilung ein Fremdwort ist, Frauen zwangsverh­eiratet werden und weder lesen, schreiben noch schwimmen lernen dürfen, dafür die harte Arbeit am Feld verrichten. Kein paradiesis­cher Ort. Obwohl die mediterran­e Insel von außen betrachtet wildromant­isch erscheint.

Die Hamburger Autorin, Schauspiel­erin und Dramatiker­in Karen Köhler, die 2014 für ihren Erzählband „Wir haben Raketen geangelt“von der Kritik gefeiert wurde, hat in ihrem Romandebüt „Miroloi“ihre Protagonis­tin auf dieser Insel ausgesetzt, als namenloses Findelkind in einem Korb vor dem Bethaus abgelegt. „Eselshure. Schlitzi. Nachgeburt der Hölle“– so schimpfen sie die Kinder und so führt Köhler ihre Leserschaf­t im ersten Satz ein, das Wort bedeutet „Klagelied“und

Karen Köhler. Miroloi. Hanser,

464 Seiten, 24,70 Euro. dieses wird folglich in 128 Strophen angestimmt.

Egal, ob schlechte Ernten oder Todesfälle: Die Protagonis­tin wird für alles, was schiefläuf­t, verantwort­lich gemacht: „Ich will nur Gutes, aber es scheint, als ob jede meiner Bewegungen Schlechtes hervorruft.“Die wundersame Welt der Worte lässt sie einen Ausweg erahnen, eine Sehnsucht nach Freiheit und Selbstauto­nomie erwacht. Sie beginnt zu rebelliere­n, verliebt sich und lernt vom Bethaus-vater heimlich lesen und schreiben.

Anders als die intuitive Wucht, die Köhlers Kurzgeschi­chten so anziehend erscheinen lassen, provoziere­n Sprache und Erzählhalt­ung in ihrem Roman gewisse Ermüdungse­rscheinung­en. Die ratternden

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JULIA KLUG Ein Debüt, das spaltet: Karen Köhler
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