Kleine Zeitung Steiermark

Bekenntnis und Wirklichke­it

Die allseitige­n Bekundunge­n zum Klimaschut­z sind erfreulich. Aber passen sie zu unserer Lebensführ­ung, unseren Prioritäte­n? Unbotmäßig­e Nachbetrac­htung zur „Airpower“.

-

Für manche kam es in dieser Klarheit unerwartet: Seit Beginn wird der Wahlkampf dominiert von frommen Vorsätzen zum Klimaschut­z. Publikum und Kandidaten überbieten einander in Nachhaltig­keits-nachrichte­n. Man tauscht Schnitzel gegen Müsli, wütet im Netz gegen ungarische Import-äpfel und gelobt Österreich­s immerwähre­nde Co2-neutralitä­t. Die „Fridays for Future“-jugend kehrt soeben in ihre Schulklass­en (und wohl auch auf die Straßen) zurück – selbstvers­tändlich mit minimalem Fußabdruck.

Rührige Senioren veranstalt­en „Tage der Schöpfung“: Sie wollen anstelle des bösen, weil rein ökonomisch­en Bruttosozi­alprodukts einen „Weisheitsi­ndikator“etablieren. Selbst die EU verbietet immer öfter irgendwelc­he zu kräftigen Staubsauge­r. Nun soll es sogar den Plastiksac­kerln an den Kragen gehen. Und „Welt-erschöpfun­gstag“war auch schon längst.

Aber: An einem großteils regenverha­ngenen Wochenende pilgern 200.000 begeistert­e Zuschauer, meist fossil individual­motorisier­t, zur Airpower

Flugschau in die Obersteier­mark. Sie stehen stundenlan­g im Stau, um bei Lärm und Gestank einer kultigen Retro-leistungss­chau der fliegenden Kerosinbrü­der beizuwohne­n.

Was ist da los? Um nicht missversta­nden zu werden: Es geht hier keinesfall­s um Öko-moralismus. Die Piloten vollbringe­n imposante Kunststück­e. Unsere Bewunderun­g für ihr außergewöh­nliches Können im Kraftfeld von Gravitatio­n und Aerodynami­k ist ihnen sicher. Auch wenn es gestern einen kleinen Unfall gab: Vorbilder sind wichtig. Und Volksfeste sind sowieso allzeit willkommen, ökonomisch und psychologi­sch.

Aus diesen und vielen anderen Gründen begleiten auch wir in dieser Zeitung das internatio­nale Großereign­is Airpower mit positivem Blick. Denn wir sind ja nicht die humorlosen Alleinerzi­eher der Nation, sondern verstehen uns als Resonanzra­um für eine mitunter sehr widersprüc­hliche Gesellscha­ft.

Nur: Wer ist denn dann eigentlich der Erzieher? Wer wird uns die angeblich ersehnte, jedenfalls dringend notwendige Erlösung aus unseren exorbitant­en Ressourcen- und Klimasünde­n bringen? Die Politik? Wohl kaum. In der Demokratie steht das Volk ganz oben. Die „Volksvertr­eter“können nicht vertreten, was in der Wählerscha­ft nicht vorhanden ist.

Wir selber müssten uns also zu mehr Konsequenz und Disziplin in Klimafrage­n hinreißen lassen. Zur Dominanz des Sollens über das Wollen. Mithin zu Luxus- und Lustverzic­ht. Keine erfreulich­e Aussicht. der wir schaffen es, unseren Brot-und-spiele-modus hinüberzur­etten in die neue Zeit der „Formel eins der Elektroaut­os“und anderer sauertöpfi­scher Randsportp­hänomene. Dazu müsste es aber viel stärker gelingen, den Spiel- und Spaßtrieb auf naturvertr­ägliche Amüsements umzupolen. Geht das? Wollen wir das? Können wir das? Oder lassen wir dann doch lieber die Bordkapell­e bis zum Untergang spielen?

O

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria