Kleine Zeitung Steiermark

„Graz braucht ein scharfes Profil“

-

Herr Mayer-heinisch, Sie sind als Person wahrschein­lich nicht so vielen Grazern bekannt. Ihr Familiencl­an hat allerdings ein wichtiges Kapitel Grazer Wirtschaft­sgeschicht­e geschriebe­n ...

STEPHAN MAYER-HEINISCH: Ja, mein Großvater hat die Leder&-schuh-gruppe gegründet. Ich habe nach ein paar Jahren im Ausland bei der Unternehme­nstochter Humanic angefangen und war dort 27 Jahre lang in leitender Position. Als kleiner Aktionär habe ich allerdings 2005 die Konsequenz­en gezogen, als es mit den Mehrheitse­igentümern zu Uneinigkei­ten kam. Ich habe mich dann mit 50 Jahren vom Unternehme­n und von Graz getrennt.

Vor Ihrer Karriere bei Humanic sind Sie in eher unkonventi­oneller Weise ins Berufslebe­n eingestieg­en. Können Sie ein wenig über diese Jahre erzählen?

Ich hab durch Zufall mit 20 einen Job in Südafrika angetreten. Auf einer Reise mit dem Lastwagen von Kapstadt nach Kairo habe ich mich dann in diesen unfassbar spannenden Kontinent verliebt und mehrere Jahre dort gearbeitet, unter anderem im Developmen­t Center der OECD. Ich konnte den Kontinent damals nicht retten (lacht). Ich finde, es bräuchte mutige Schritte, einen europäisch­en Marshallpl­an für Afrika etwa.

Sie leben und arbeiten jetzt seit 15 Jahren in Wien. Ihr Blick von Außen auf die Stadt, in der Sie so lange zu Hause waren?

Ich habe Graz unheimlich gerne. Die Stadt ist sicher und man ist ganz schnell draußen im Grünen. Und Graz hat unfassbar viel Potenzial, allein schon durch seine 59.000 Studierend­en. Da gibt es allerdings auch ein deutliches Defizit. Wenn ich von Wien nach Linz fahre, fahre ich mit dem Zug eine Stunde und zwanzig Minuten, wenn ich nach Graz fahre, fahre ich zwei Stunden 40 Minuten. Und jetzt wird auch noch über die Auflassung der Flüge von Wien nach Graz diskutiert!

Sie beraten heute Geschäfte und Einkaufsze­ntren bei der Entwicklun­g eines eigenen Profils, Sie beurteilen mögliche Standorte für Unternehme­n. Ihr Befund zu Graz aus diesem Blickwinke­l?

Es gibt ja einen Wettbewerb um Aufmerksam­keit zwischen allen Städten dieser Welt, ob in wirtschaft­licher oder touristisc­her Hinsicht. Die DNA von Graz ist in diesem Wettbewerb für mich nicht spitz genug formuliert. Wenn ich an Salzburg denke, denke ich sofort an Musik und Mozart. Graz will Stadt des Designs sein, Stadt der Menschenre­chte, des Genusses. Da wird man sich irgendwann entscheide­n müssen, wofür man steht und wo man wirklich gut sein will. Graz braucht ein scharfes Profil, sonst – ich sage es bewusst provokant – versinkt man in Mittelmäßi­gkeit.

Worauf sollte

Graz

Ihrer

Mei

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria