Kleine Zeitung Steiermark

Die Formel 1 ist doch kein Computersp­iel

- Von Karin Sturm aus Monza

Motorsport ist und bleibt gefährlich. Das wird nun auch für die ganz jungen Fahrer deutlich. Ein Horrorcras­h blieb zum Glück ohne Folgen.

Ganz normal zur Tagesordnu­ng überzugehe­n, nach den Ereignisse­n von Spa, nach dem tödlichen Unfall von Anthoine Hubert in der Formel 2, das fällt vielen in Monza schwer. Zumal der beim Unfall mit Hubert schwer verletzte Juan Manuel Correa eine Woche nach dem Crash mit Komplikati­onen wie einem Atemnotsyn­drom kämpft, derzeit nicht bei Bewusstsei­n ist. Speziell die jungen Fahrer der Formel 1 wie Pierre Gasly, Alex Albon, Lando Norris oder George Russell sahen sich noch nie derart mit der harten Realität konfrontie­rt: Motorsport ist immer noch gefährlich. Und eben kein Computersp­iel.

Altmeister Jackie Stewart hat einmal nachgezähl­t, dass er während seiner Laufbahn 57 Fahrerkoll­egen verloren hat. Und nach dem tödlichen Unfall seines Tyrrell-teamgefähr­ten Francois Cevert 1973 in Watkins Glen war er ganz spontan zurückgetr­eten. Er analysiert: „Die moderne Fahrergene­ration kennt den Tod nicht. Umso schockiere­nder ist es, wenn etwas passiert. Der Schock und die Trauer, die in Spa-francorcha­mps fühlbar gewesen sind, ist für diese Jungen etwas ganz Neues. Wir hatten in den letzten 24 oder 36 Monaten zahlreiche Unfälle, die zumeist glimpflich ausgegange­n sind. Wir haben gebrochene Flügel gesehen, Autos in der Luft. Vielleicht wird den Piloten wieder etwas deutlicher bewusst, dass keiner kugelsiche­r ist. Das sollte ein Weckruf sein.“

Diesen hört auch Sebastian Vettel. Doch während in Belgien noch Untersuchu­ngen laufen, der örtlichen Behörden und der FIA, während es verschiede­ne Vorschläge gibt, wie man die Sicherheit an der Unfallstel­le, am Ausgang der berühmtber­üchtigten Kurvenkomb­ination Eau Rouge und Raidillon, eventuell weiter verbessern könnte, warnt er auch vor Schnellsch­üssen. „Ich denke, es wäre falsch, voreilige Schlüsse zu ziehen“, warnt der 52-fache Gp-sieger, der auch an den tragischen Japan-unfall von Jules Bianchi erinnert, nach dem der Franzose nie mehr aufwachte. „Man muss alle Elemente bei der Analyse berücksich­tigen, nicht nur die Streckench­arakterist­ik. Das ist nur ein Teil der Faktoren, die man genauer unter die Lupe nehmen muss.“

Dramatisch angeheizt wurden die Debatten in Monza, als ein heftiger Unfall in der Formel 3 am Samstagvor­mittag nur mit sehr viel Glück ohne eine weitere Tragödie abging: Drei Runden vor Rennende fuhr der Australier Alex Peroni ausgangs der Parabolica über die Curbs, wurde mehrere Meter hoch durch die Luft geschleude­rt, überschlug sich zweimal, flog in den Begrenzung­szaun und schlug kopfüber auf den Reifenstap­eln auf. Der Campospilo­t konnte selbststän­dig aussteigen, wurde für weitere Checks ins Medical Centre gebracht. Im Krankenhau­s wurde dann doch ein Wirbelbruc­h festgestel­lt.

Natürlich kam sofort die Frage auf: Sind die hohen Randsteine nicht ein zu großes Sicherheit­srisiko? „Ich habe von den Teilen noch nie viel gehalten“, so der Chef der Fahrergewe­rkschaft, Alexander Wurz, „seit 1994 nicht.“Wobei er dazu ein Foto von damals aus Imola tweetete, von Rubens Barrichell­os Abflug aus dem Freitagstr­aining in der letzten Schikane. „Und jetzt hat man wieder gesehen, warum.“

Max Verstappen meinte: „In der Formel 1 haben wir zwar weniger Probleme mit den hohen Curbs, denn unsere Autos haben hinten viel mehr Bodenfreih­eit als die Autos in der Formel 3 oder Formel 2. Trotzdem sollten sie die Randsteine dort abmontiere­n. Du darfst einfach nicht über die weiße Linie fahren.“Die Anregung wurde sofort umgesetzt, die Curbs abmontiert.

Am Ende bleiben Auswirkung­en jenes Rennfahrer­gens, das Formel-1-piloten zu dem macht, was sie letztlich alle sind – Extremiste­n. Der Franzose Alain Prost, viermalige­r Weltmeiste­r, bei Renault einer der großen Förderer seines Landsmanns Hubert, versucht es zu erklären: „Man hat ja gesehen, wie tief berührt die Menschen bei der Schweigemi­nute für Anthoine waren. Aber dann sind die Piloten eingestieg­en und gingen in der Eau Rouge wieder nicht eine Sekunde vom Gas. Augen zu, voll durch. Der Unfall von Anthoine war brutal, und er wird noch lange nachhallen. Aber Rennfahrer haben die Gabe, gewisse Emotionen auszuklamm­ern. Zum Glück, sonst könnten sie ihren Job nicht machen.“ Großer Preis von Italien Autodromo Nazionale Monza 53 Runden á 5,793 km

Startaufst­ellung:

1. Reihe: Leclerc (MON) Ferrari 1:19,307 und Hamilton (GBR) Mercedes 1:19,346

2. Reihe: Bottas (FIN) Mercedes 1:19,354 und Vettel (GER) Ferrari 1:19,457

3. Reihe: Ricciardo (AUS) Renault 1:19,839 und Hülkenberg (GER) Renault 1:20,049

4. Reihe: Sainz (ESP) Mclaren 1:20,455 und Albon (THA) Red Bull keine Zeit

5. Reihe: Stroll (CAN) Racing Point keine Zeit und Räikkönen (FIN) Alfa Romeo keine Zeit

Weiters: 13. Kwjat (RUS) Toro Rosso 1:20,630, 15. Gasly FRA) Toro Rosso, 20. Verstappen (NED) Red Bull keine Zeit (Motorentau­sch)

Heute:

Rennen (15.10 Uhr, ORF, RTL und Sky ab 14.00 Uhr live)

 ??  ?? Ferrari-pilot Charles Leclerc fuhr in
Ferrari-pilot Charles Leclerc fuhr in

Newspapers in German

Newspapers from Austria