„Wir sind nicht zum Urlaub dort“
Am Freitag geht es für das österreichische Herren-nationalteam nach 2011 wieder einmal im Konzert der Großen los – in Brüssel startet die rot-weiß-rote Auswahl gegen den Gastgeber in die Europameisterschaft. Fluch oder Segen?
MICHAEL WARM: Die Auslosung habe ich ja nicht in meiner Hand, also ist das egal. Man könnte sagen, sie haben vor eigenem Publikum einen Druck. Aber wir müssen einfach schauen, dass wir gut spielen. Nach fünf Spielen sehen wir dann, ob es für ein sechstes reicht.
Bei der Heim-em vor acht Jahren gewann Österreich keinen einzigen Satz und war in Wahrheit chancenlos. Was hat sich seither geändert?
Mittlerweile weiß jeder, dass wir harte, seriöse Arbeit betreiben. Damals hatten die Gegner vor Spielen gegen uns sicher keinen Angstschweiß auf der Stirn. Unsere Spieler sind nun alle Profis und in den besten Ligen der Welt engagiert. Vor uns hat man nicht Angst wie früher vor Marcel Hirscher, wo man wusste, gegen ihn geht es nicht. Aber man nimmt uns ernst.
In den Vorbereitungen zu diesem Großereignis überlassen Sie nichts dem Zufall. Ist Erfolg kalkulierbar?
Die Grundlage für alles ist ein strukturierter Plan. Ohne geht es im Leistungssport nicht. Steht der, muss dieser jeden Tag neu analysiert werden. Ganz zum Schluss ist es aber ein Spiel, das darf man nie vergessen. Zum Glück passieren Sensationen im Sport. Aber: Je besser das Konzept, desto wahrscheinlicher ist es, dass der Erfolg kommt.
Hatten Sie während Ihrer Amtszeit jemals Zweifel, ob es mit einer „echten“, sportlich erreichten Teilnahme an einer EM klappen könnte?
Sicherlich! Wenn man eine Qualifikation verliert, fühlt sich das immer schlimm an. Nach Rückschlägen braucht man Zeit, diese zu verarbeiten. Insgesamt war ich aber sicher: Wir haben in Österreich genauso talentierte Spieler wie in anderen Ländern.
Allerdings nicht in dieser Anzahl ...
Klar. Russland könnte vier Nationalteams stellen, ohne einen Qualitätsverlust zu haben. Wir haben eben 16, maximal 20 Spieler auf diesem Niveau. Aber damit können wir arbeiten. Verletzungen beim Training bedeuten jedoch einen Qualitätsabfall, da haben wir in der Vorbereitung schon ein bisschen Pech gehabt.
Österreichs Volleyballer sind ab Freitag in Belgien bei der EM im Einsatz. Teamchef Michael Warm über Ziele und Planbarkeit von Erfolg.
Glück hatten Sie hingegen in der Liebe. Ihre Frau haben Sie in Österreich kennengelernt. Sie haben den deutschen Pass, wie empfinden Sie das Leben in Ihrer Wahlheimat Wien?
Meine Frau jammert schon, dass ich nicht den österreichischen Pass habe (lacht). Ich habe in vielen Großstädten gelebt, aber Wien ist wunderschön. Es gewinnt nicht umsonst in allen Umfragen. Deutsche und Österreicher sind sich ähnlich – und doch anders.
Inwiefern?
Manchmal fällt es dem Österreicher, finde ich, noch schwer, Fremde aufzunehmen. Die Gefahr wird größer gesehen als die mögliche Bereicherung. Das finde ich ein bisserl schade.
Zurück zum Sport. Was darf man sich von Ihrem Team in Belgien erwarten?
Wir sind sicher nicht zum Urlaub dort. Dafür müssten wir diesen Aufwand nicht betreiben, das wäre Geldverschwendung – auch von Steuergeldern, die wir ja vom Staat bekommen. Wir sind gegen alle Gegner Außenseiter und ich kann kein Ergebnis garantieren. Aber wir haben Verantwortung gegenüber jedem, der Steuern zahlt. Und ich muss sagen können, dass wir das Beste aus dem Geld machen.