Kleine Zeitung Steiermark

„Wir sind nicht zum Urlaub dort“

- Von Daniel Jerovsek

Am Freitag geht es für das österreich­ische Herren-nationalte­am nach 2011 wieder einmal im Konzert der Großen los – in Brüssel startet die rot-weiß-rote Auswahl gegen den Gastgeber in die Europameis­terschaft. Fluch oder Segen?

MICHAEL WARM: Die Auslosung habe ich ja nicht in meiner Hand, also ist das egal. Man könnte sagen, sie haben vor eigenem Publikum einen Druck. Aber wir müssen einfach schauen, dass wir gut spielen. Nach fünf Spielen sehen wir dann, ob es für ein sechstes reicht.

Bei der Heim-em vor acht Jahren gewann Österreich keinen einzigen Satz und war in Wahrheit chancenlos. Was hat sich seither geändert?

Mittlerwei­le weiß jeder, dass wir harte, seriöse Arbeit betreiben. Damals hatten die Gegner vor Spielen gegen uns sicher keinen Angstschwe­iß auf der Stirn. Unsere Spieler sind nun alle Profis und in den besten Ligen der Welt engagiert. Vor uns hat man nicht Angst wie früher vor Marcel Hirscher, wo man wusste, gegen ihn geht es nicht. Aber man nimmt uns ernst.

In den Vorbereitu­ngen zu diesem Großereign­is überlassen Sie nichts dem Zufall. Ist Erfolg kalkulierb­ar?

Die Grundlage für alles ist ein strukturie­rter Plan. Ohne geht es im Leistungss­port nicht. Steht der, muss dieser jeden Tag neu analysiert werden. Ganz zum Schluss ist es aber ein Spiel, das darf man nie vergessen. Zum Glück passieren Sensatione­n im Sport. Aber: Je besser das Konzept, desto wahrschein­licher ist es, dass der Erfolg kommt.

Hatten Sie während Ihrer Amtszeit jemals Zweifel, ob es mit einer „echten“, sportlich erreichten Teilnahme an einer EM klappen könnte?

Sicherlich! Wenn man eine Qualifikat­ion verliert, fühlt sich das immer schlimm an. Nach Rückschläg­en braucht man Zeit, diese zu verarbeite­n. Insgesamt war ich aber sicher: Wir haben in Österreich genauso talentiert­e Spieler wie in anderen Ländern.

Allerdings nicht in dieser Anzahl ...

Klar. Russland könnte vier Nationalte­ams stellen, ohne einen Qualitätsv­erlust zu haben. Wir haben eben 16, maximal 20 Spieler auf diesem Niveau. Aber damit können wir arbeiten. Verletzung­en beim Training bedeuten jedoch einen Qualitätsa­bfall, da haben wir in der Vorbereitu­ng schon ein bisschen Pech gehabt.

Österreich­s Volleyball­er sind ab Freitag in Belgien bei der EM im Einsatz. Teamchef Michael Warm über Ziele und Planbarkei­t von Erfolg.

Glück hatten Sie hingegen in der Liebe. Ihre Frau haben Sie in Österreich kennengele­rnt. Sie haben den deutschen Pass, wie empfinden Sie das Leben in Ihrer Wahlheimat Wien?

Meine Frau jammert schon, dass ich nicht den österreich­ischen Pass habe (lacht). Ich habe in vielen Großstädte­n gelebt, aber Wien ist wunderschö­n. Es gewinnt nicht umsonst in allen Umfragen. Deutsche und Österreich­er sind sich ähnlich – und doch anders.

Inwiefern?

Manchmal fällt es dem Österreich­er, finde ich, noch schwer, Fremde aufzunehme­n. Die Gefahr wird größer gesehen als die mögliche Bereicheru­ng. Das finde ich ein bisserl schade.

Zurück zum Sport. Was darf man sich von Ihrem Team in Belgien erwarten?

Wir sind sicher nicht zum Urlaub dort. Dafür müssten wir diesen Aufwand nicht betreiben, das wäre Geldversch­wendung – auch von Steuergeld­ern, die wir ja vom Staat bekommen. Wir sind gegen alle Gegner Außenseite­r und ich kann kein Ergebnis garantiere­n. Aber wir haben Verantwort­ung gegenüber jedem, der Steuern zahlt. Und ich muss sagen können, dass wir das Beste aus dem Geld machen.

 ?? GEPA ?? Österreich­s Teamchef Michael Warm hat mit seinem Team ein klares Ziel vor Augen. Das Achtelfina­le bei der Europameis­terschaft in Belgien
GEPA Österreich­s Teamchef Michael Warm hat mit seinem Team ein klares Ziel vor Augen. Das Achtelfina­le bei der Europameis­terschaft in Belgien

Newspapers in German

Newspapers from Austria