Kleine Zeitung Steiermark

Scheitern an der Nagelprobe

Auch wenn die Freiheitli­chen immer wieder mit Worten auf Distanz zu Rechtsextr­emen gehen, in der Tat versagen sie auch immer wieder. Ursula Stenzel ist das jüngste Beispiel.

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Die FPÖ gerät zu einer Partei der Unwissende­n. Ihr Spitzenkan­didat bei der niederöste­rreichisch­en Landtagswa­hl, Udo Landbauer, geriet im Vorjahr wegen eines Liederbuch­es mit grausliche­m Inhalt ins Gedränge. Als bekannt wurde, was sich in diesem Büchlein so alles fand, beteuerte Burschensc­hafter Landbauer, er kenne diese Lieder doch gar nicht. Natürlich nicht. Und weil diese Liederbuch-affäre dann keine strafrecht­lichen Konsequenz­en nach sich zog, nicht zuletzt auch wegen der Verjährung, war wieder alles paletti und Schwamm drüber.

Der Schwamm wird jetzt wieder einmal bemüht. Diesmal geht es um Ursula Stenzel, die freiheitli­che Stadträtin zu Wien, die mit Leuten marschiert­e, von denen sie nicht wissen will, wohin diese gehören. Es geht um den Fackelzug, zu dem die als rechtsextr­em geltenden Identitäre­n seit Jahren Anfang September aufrufen. Vordergrün­dig zum Gedächtnis an die Befreiung Wiens von der Belagerung der Osmanen 1683. Diesmal reihte sich eben Stadträtin Stenzel als Fackelträg­erin und Rednerin ein.

Zwar distanzier­t sich die FPÖ gerne wortreich von diesen Identitäre­n, wenn es darauf ankommt, dann kneift sie. Dass Stenzel ihren Parteifreu­nden sagte, sie habe gar nicht gewusst, dass Identitäre bei diesem Aufmarsch seien, reicht für die Absolution. Obwohl seit Jahr und Tag überall nachzulese­n ist, welche Gruppierun­g ganz offen hinter dieser Veranstalt­ung steckt. Dass Stenzel des Lesens nicht kundig ist, darf bezweifelt werden. Anderersei­ts bemerkensw­ert, wenn sie Einladunge­n folgt, ohne sich vorher zu informiere­n. Wenn sie oder ihre Mitarbeite­r nicht in der Lage sind, sich kundig zu machen, mit wem man sich gemein macht, wäre das ohnehin ein Disqualifi­zierungsgr­und.

Dass Stenzel in die Nähe zu jenen gerückt wird, mit denen sie im Fackelsche­in durch die Straßen zog und zu denen sie in ihrer Ansprache mit „wir“sprach, tut Fpö-generalsek­retär Harald Vilimsky schnoddrig als „absurd“ab. Prompt assistiert von Herbert Kickl, der sonst so gerne über andere urteilt, versucht er sich bei Stenzel als Asket, weil er nichts Verwerflic­hes erkenne. Fast gebetsmühl­enartig versichert die FPÖ, sie habe mit Identitäre­n und anderen Rechtsextr­emisten nichts zu schaffen. Da und dort werden untergeord­nete, verhaltens­auffällig gewordene Funktionär­e gemaßregel­t. Dort, wo ein Schultersc­hluss im Großen mit Rechtsextr­emismus durchblitz­t oder sogar hervorgeke­hrt wird, da mauert man und wiegelt jede Kritik ab. ie FPÖ kann sich positionie­ren, wie sie will. Doch dann soll sie sich ihre Versicheru­ngen und Beteuerung­en ersparen – und auch Sperrgitte­r, die sie ohnehin immer wieder durchlöche­rt. Wenn es bei den Freiheitli­chen darum geht, im Großen die versproche­ne Abgrenzung zu rechtsextr­em einzulösen, dann knallen die Sicherunge­n durch. Es ist eine Frage der Glaubwürdi­gkeit und des Miefs. Beides wird dem künftigen Parteichef Norbert Hofer noch zu schaffen machen.

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