Kleine Zeitung Steiermark

Licht aus in Westminste­r

- Von unserem Korrespond­enten Peter Nonnenmach­er aus London

Boris Johnson schickt Parlament auf Zwangsurla­ub. Davor holt sich der Premier mit seiner Forderung nach zügigen Neuwahlen erneut Abfuhr. Parlaments­präsident und Erzfeind John Bercow tritt zurück.

Im Palast von Westminste­r sind für die Dauer von fünf Wochen die Lichter ausgegange­n. Gestern Nacht begann auf Geheiß von Boris Johnson die Zwangspaus­e fürs britische Parlament, die der Premier von der Monarchin erwirkt hat.

Mit dieser Vertagung des Parlaments – gegen dessen Willen – werden alle Zusammenkü­nfte bis Mitte Oktober ausgesetzt. Mitten in der schwersten Krise der neueren britischen Geschichte liegt der Parlaments­betrieb lahm und lässt keine Beschlussf­assung, keine Verabschie­dung von Gesetzen, auch keinen Misstrauen­santrag gegen die Regierung mehr zu.

Bis zum 14. Oktober, dem Tag der nächsten Regierungs­erklä

rung, können Großbritan­niens Abgeordnet­e keine Rechenscha­ft von der Regierung mehr fordern. Ausschüsse können nicht tagen, Parlamenta­rier „im Haus“keine Regierungs­aktion beanstande­n. Die Fragestund­e des Premiers am Mittwoch fällt ebenso aus wie die für den gleichen Tag geplante Befragung Johnsons durch die Ausschussv­orsitzende­n im Unterhaus.

Jeremy Corbyn, Opposition­schef und Vorsitzend­er der Labour Party, nannte die Schließung „schändlich“. Gestern kurz vor der Vertagung forderte der Regierungs­chef das Unterhaus noch einmal auf, ihm Neuwahlen für den 15. Oktober zu bewilligen. Opposition und Tory-rebellen verständig­ten sich aber darauf, dass Wahlen nicht vor November stattfinde­n sollen.

Damit wollen Johnsons Gegner sicherstel­len, dass es nicht doch noch irgendwie zu einem No-deal-brexit am 31. Oktober kommt. Ein vorige Woche im Eilverfahr­en erlassenes Gesetz, das den Premier zu einem Aufschubge­such bei der EU verpflicht­et, falls auch beim Oktober-gipfel der EU kein Brexitdeal zustande kommt, trat gestern gerade noch rechtzeiti­g vor der Parlaments­pause in Kraft.

Doch Johnson hofft, das Gesetz, das ihn zur Vereinbaru­ng eines dreimonati­gen Brexitaufs­chubs mit der EU zwingen soll, zu umgehen. Als er zur Verhinderu­ng des Gesetzes 21 rebellisch­e Tory-abgeordnet­e aus der Partei werfen ließ, löste das schwere Unruhen in der eigenen Partei aus. Aus Protest gegen die „Säuberungs­maßnahme“trat am Wochenende Ministerin Amber Rudd aus Regierung und Partei aus, nachdem dies zuvor schon Boris Johnsons Bruder Jo getan hatte.

Wohl um weitere Rücktritte zu verhindern, beteuerte der Premier bei einem Blitzbesuc­h in Dublin am Montag, wie sehr ihm an einer Lösung gelegen sei und dass er „jede Menge Vorschläge“habe, wie der „Backstop“im Austrittsv­ertrag, also die Garantie einer offenen Grenze in Irland, durch andere Maßnahmen zu ersetzen sei. Zugleich erklärte er, dass sein

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