Viktor Orbáns grüner Herausforderer
Gergely Karácsony wird neuer Oberbürgermeister von Budapest.
Hochgewachsen, blaue Augen, intensiver Blick – Gergely Karácsony dominiert den Raum, sobald er ihn betritt. Der 44-Jährige war noch vor wenigen Jahren ein Unbekannter in der ungarischen Politik. Jetzt aber entwand er der regierenden Fidesz Budapest – dabei führt er eine Splitterpartei, die bei Parlamentswahlen auf kaum ein Prozent der Stimmen kommt. „Párbeszéd“, heißt sie, „Dialog“, und definiert sich als grün-links-liberal-feministisch. Im konservativen Ungarn von Ministerpräsident Viktor Orbán klingt das nach einem Rezept für politischen Selbstmord.
Aber Karácsony ist zum einflussreichsten Politiker Ungarns neben Orbán geworden, und sein größter Herausforderer. Schon bei den letzten Parlamentswahlen 2018 war er Spitzenkandidat, aber scheiterte an der Zerstrittenheit der Opposition. Dass Karácsony nun ihr Kandidat wurde, das liegt nur an ihm. Seine einzige Erfahrung als Politiker: Er war seit 2014 Bürgermeister des Budapester Stadtteils Zugló.
Er ist jung und sieht gut aus. Selbst seine Gegner bescheinigen ihm, „sauber“zu sein, also nicht korrupt. Er ist „grün“, und „grün“hat Konjunktur – auch in Budapest. Und: Er ist ein grüner Orbán. Er spricht wie er. Sätze wie diesen: „Die Ungarn sind ein Volk von Revolutionären, und ich möchte eine Revolution.“Besserer Nahverkehr und ein Ende der Korruption waren zwei seiner Schlagerthemen. Mit solchen Themen kam auch Orbán 2010 an die Macht. Karácsony stand lange im Ruf, naiv und idealistisch zu sein. Er hat gezeigt, dass er kämpfen und siegen kann. Seine Achillessehne: Er hat keine eigene, starke Partei. Ohne das ist Machtausübung schwer. Boris Kálnoky, Budapest