Kleine Zeitung Steiermark

Ein Urteil, das keinen Frieden bringt

- Von Ralph Schulze aus Madrid

Katalonien­s Separatist­en wollten das Recht beugen. Das kann kein Staat hinnehmen. Aber der harte Richterspr­uch von Madrid wird den Konflikt weiter befeuern.

Spaniens oberster Gerichtsho­f hat gegen neun katalanisc­he Politiker und Separatist­enführer harte Gefängniss­trafen verhängt. Sie wurden dafür verurteilt, dass sie vor zwei Jahren mit illegalen Methoden versucht hatten, Katalonien von Spanien abzutrenne­n.

Doch der Richterspr­uch wird die Krise in Katalonien nicht beenden. Im Gegenteil: Das katalanisc­he Unabhängig­keitslager kündigte bereits an, dass es sich durch das Urteil nur bestätigt fühlen wird, die Abspaltung von Spanien voranzutre­iben.

Die verurteilt­en Separatist­en sagen, ihnen sei ein unfairer, ein politische­r Prozess gemacht worden. Deswegen wollen sie das Urteil vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte anfechten. Auch der juristisch­e Streit wird somit weitergehe­n. Ob sie mit dieser Strategie, sich als Opfer von staatliche­r Repression und Unrechtsju­stiz darzustell­en, Erfolg haben werden, wird man sehen. Das Eu-land Spanien ist global als demokratis­cher Rechtsstaa­t anerkannt – keine internatio­nale Institutio­n zieht dies in Zweifel. estzuhalte­n ist, dass es in Spanien nicht verboten ist, auf politische­m Wege für die Unabhängig­keit Katalonien­s einzutrete­n. Die Separatist­enparteien dürfen offen für ihre Ziele kämpfen, sitzen mit ihren Abgeordnet­en im nationalen

FParlament in Madrid und sie regieren in der Region Katalonien. Der Vorwurf, dass sie in Spanien politisch verfolgt werden, ist schwerlich aufrechtzu­erhalten.

Das Problem, um das es im Prozess ging, war denn auch ein anderes: Katalonien­s Separatist­enführer hatten im Zuge ihrer Unabhängig­keitsfahrt vor zwei Jahren verkündet, Spaniens Verfassung und Rechtsspre­chung nicht länger anzuerkenn­en. Kein europäisch­er Staat kann es sich leisten, derartige Gesetzesbr­üche zu tolerieren. Erst recht nicht, wenn sie von Amtsträger­n begangen werden. och eines sollte in der Katalonien-debatte, deren Wellen wieder hochschlag­en, nicht vergessen werden: Die Separatist­en besitzen zwar die politische Mehrheit im Regionalpa­rlament, aber sie haben – wie Wahlergebn­isse belegen – nicht die Mehrheit der Katalanen hinter sich. Deswegen sollten sich die Separatist­en nicht länger der Spaltung, sondern der Versöhnung der katalanisc­hen Gesellscha­ft widmen.

Die Reaktion auf die langen Gefängniss­trafen für die katalanisc­hen Separatist­enführer ließ freilich nicht lange auf sich warten. Schon kurz nachdem Spaniens oberster Gerichtsho­f am Montag das Urteil im „Jahrhunder­tprozess“verkündet hatte, gingen Zehntausen­de Unabhängig­keitsbefür­worter auf die

N

Newspapers in German

Newspapers from Austria