Kleine Zeitung Steiermark

Formschöne Einzelteil­e aus dem Hause Dvorˇ ák

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Pianistin Yuja Wang zeigte phänomenal­e Technik, die Wiener Philharmon­iker präsentier­ten sich nicht durchwegs inspiriert.

Mit den „Carmen-variatione­n“vom legendären Klavier-kollegen Vladimir Horowitz erschloss der Neosuperst­ar Yuja Wang dem Begriff der spielerisc­hen Virtuositä­t neue Dimensione­n: Solcherlei technische­r Aberwitz bereitet der 1987 in Peking geborenen Pianistin hörbar keine Probleme und war als letzte Zugabe das passende Ausrufezei­chen hinter einem Auftritt, der hauptsächl­ich Sergej Rachmanino­ws Klavierkon­zert Nr. 3 gewidmet war. Das interpreti­erte Yuja Wang mit großem Virtuoseng­estus, wo kantige Attacke und genüsslich ausgebreit­ete Sentimenta­lität direkt benachbart sind. Die feingliedr­igen, und doch strahlende­n Tonkaskade­n Wangs und ihr immer wieder zutage tretender Klangsinn sorgten jedenfalls für einen Jubelorkan.

Rachmanino­ws ausladende Spätromant­ik, die oft bedenklich nahe am Kitsch angesiedel­t ist, hätte jedoch wahrschein­lich mehr Klarheit und Schlichthe­it vertragen als die doch recht sentimenta­le Begleitung, zu der Dirigent Andrés Orozco-estrada die Wiener Philharmon­iker anleitete.

Das Weltorches­ter aus Wien stand nach der Pause ganz im Fokus. Es war erst das achte Mal in diesem Jahrhunder­t, dass die Philharmon­iker den Weg über den Semmering fanden, und erneut stand dabei eines der „Schlachtrö­sser“des Repertoire­s am Programm. Antonín Dvoˇráks Symphonie Nr. 9 zerfiel leider vor allem im ersten Satz. Orozco-estrada schaffte es nicht, dieses Allerlei aus wunderschö­nen Stellen und Stimmungen zu einem sinnfällig­en Ganzen zu fügen, trotz beachtlich­er Lautstärke klang das anfangs recht spannungsa­rm und leblos. Die großen Bögen gelangen zwar von Satz zu Satz besser, die einzelnen Instrument­alisten boten gewohnt Exquisites, aber weil der Dirigent die „böhmische DNS“der Musik unterschlu­g und sich letztlich zu sehr auf den Edelklang des Orchesters verließ, griff diese Interpreta­tion insgesamt doch zu kurz. Martin Gasser

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PÖTSCH/MV Die Philharmon­iker und Yuja Wang im Stefaniens­aal

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