Kleine Zeitung Steiermark

In London kommt es zum finalen Showdown

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Das britische Unterhaus tritt zu der ersten Wochenends­itzung seit 37 Jahren an. Grund: Johnsons letzter Brexit-deal mit der EU.

Vom „Super Saturday“ist in Anlehnung an gängige Sportflosk­eln in Westminste­r die Rede. Gemeint ist damit, dass das britische Unterhaus zu einer Wochenends­ondersitzu­ng antritt, wie es sie seit 37 Jahren nicht mehr gab. Abgestimmt werden soll über den Entwurf des Austrittsa­bkommens mit der EU, das Premier Boris Johnson aus Brüssel mitbrachte. Sollte es nicht angenommen werden, müsste er die EU noch vor Mitternach­t um Aufschub bitten. Außerdem wird damit gerechnet, dass sich Hunderttau­sende proeuropäi­sche Demonstran­ten vor dem Parlament einfinden – zu einer lang geplanten Massenkund­gebung für den Verbleib in der EU.

Ob sich das Unterhaus für Johnsons Vorschlag entscheide­t, wusste niemand zu sagen. Der Premier muss mehr als 50 unschlüssi­ge Abgeordnet­e für seinen Deal gewinnen – Toryhardli­ner, kürzlich ausgestoße­ne Rebellen vom moderaten Flügel der Partei, aber auch Labour-leute, die genug haben vom Brexit-chaos im Land.

Nordirland­s Unionisten stimmen mit Nein. Dessen ungeachtet wollen offenbar fast alle Konservati­ve den Deal am Ende billigen. Letztlich wird viel davon abhängen, ob sich ihnen fünf oder sechs Labour-abgeordnet­e anschließe­n. Kurios wäre ein Patt: Dann käme es auf Sprecher John Bercow an.

Sollte Johnson eine Mehrheit erzielen, wäre das für ihn das Zeichen zum britischen Austritt aus der EU am 31. Oktober. Ganz so einfach ist die Sache aber nicht. Zum einen müsste die EU bestätigen, dass das auf diesen Zeitpunkt hin technisch machbar wäre – dass keine Extrazeit zur Prüfung des Vertragste­xtes oder zu dessen Ratifizier­ung benötigt würde. Und zum andern sähe sich das britische Parlament vor der gigantisch­en Aufgabe, in den verbleiben­den elf Tagen ab Montag das eigentlich­e Austrittsg­esetz durch das Parlament zu peitschen. „Tag und Nacht und auch am Wochenende“soll Westminste­r in diesem Fall arbeiten – so stellt es sich die Regierung vor.

Dabei könnten sich, auch wenn es heute grünes Licht gäbe, weitere Hinderniss­e einstellen. Sollte es der Regierung im Gesetzgebu­ngsprozess an einer Mehrheit fehlen, könnte das ganze Gesetz – und damit der Deal – noch mit einem gewaltigen Knall kollabiere­n. Mittlerwei­le hegen Proeuropäe­r den Verdacht, die Riege der Brexithard­liner könnte noch kurz vor dem 31. Oktober diesem Austrittsg­esetz plötzlich ihre Unterstütz­ung versagen und so einen No-deal-abgang erzwingen. Ein spezieller Antrag, der für heute vorliegt, soll verhindern, dass es dazu kommt.

Ausgeschlo­ssen ist auch nicht, dass nächste Woche noch von einer Abgeordnet­enmehrheit ein „bestätigen­des Referendum“für den Deal beschlosse­n,

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