Reise in die geheimen Abgründe Österreichs
Thomas Rieglers Schlaglichter auf die Nachrichtendienste und den Bvt-skandal.
Ö sterreich, „Insel der Seligen“: Manchmal passt das Klischee noch, meistens aber nicht. Oder hat nie zugetroffen. „So harmlos und friedlich sich Österreich gerne gibt, so ist es seit 1945 oft Schauplatz von Attentaten, Entführungen, Spionageoperationen und Waffenschmuggel gewesen“, erklärt Thomas Riegler, Forscher am Austrian Center for Intelligence, Propaganda and Security Studies, warum es an der Zeit sei, die Geschichte der Spionage in Österreich zu beleuchten. Dieser erste quellengestützte Blick auf die Nachrichtendienste der Zweiten Republik versteht sich nicht als Organisations-, sondern als Fallgeschichte – obwohl es Riegler sehr gut gelingt, zu Beginn auch die Organisationen, ihre Entstehung, Aufgaben und (politischen) Verflechtungen zu erklären. Spannender sind ohnehin einzelne Fälle, und da liefert der Skandal um das BVT (Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung), dessen (unrechtmäßige) Durchsuchung im Februar 2018 und Herbert Kickls Jagd auf „schwarze Netzwerke“in BVT und Innenministerium einen aktuellen Anlass. Riegler, er arbeitete im parlamentarischen Bvt-untersuchungsausschuss für den SPÖ-KLUB mit, leuchtet den Politkrimi aus, wenngleich die Scheinwerfer noch nicht in alle Winkel reichen.
Das freilich hat mit der Natur der Sache zu tun. Auch in anderen Fällen, die der Autor aufgreift, bleiben Geheimnisse Geheimnisse, so penibel der Forscher die Quellen auch auf- und durchsucht hat. Die Themen sind so gewählt, dass der Nervenkitzel nie abreißt. Das reicht vom Dritten Mann über den Tod von Ex-verteidigungsminister Lütgendorf bis zu den Cyberangriffen auf österreichische Server in jüngerer Zeit.
Dass es seit dem Beginn der internationalen Terrorismuswelle zu keinem großen Anschlag in Österreich gekommen ist, sei den Sicherheitsbehörden anzurechnen, meint Riegler. Doch nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Schadens, den die Bvt-affäre im Ausland verursacht hat, plädiert Riegler dafür, dass der Staatsschutz aus seinen eigenen Erfahrungen lernen und verbessert werden müsse. Hannes Gaisch-faustmann Thomas Riegler, Österreichs geheime Dienste. Vom Dritten Mann bis zur Bvt-affäre. Verlag Klever. 328 S. 26 Euro.