Ein Preis für Jongleure
Fritz Csoklich hat in 34 Jahren an der Spitze der Kleinen Zeitung manche Gräben im Land überbrückt. Daher benennt die Styria ihren Demokratiepreis nach ihm.
Braucht die Demokratie Preise? Ist es nicht selbstverständlich, dass wir sie haben, und weiß nicht ohnehin jedermann, dass es keine bessere Methode gibt, das Zusammenleben im Land friedlich zu gestalten?
Michael Köhlmeier hat in der Vorwoche in einem plastischen Bild die Verletzlichkeit von Demokratien deutlich gemacht. „Unsere Demokratie ist gefestigt“, sagte er einerseits. „Aber man muss sich von der Vorstellung lösen, dass sie ein Zustand ist. Die Demokratie ist ein Prozess.“Köhlmeier verglich sie mit einem Jongleur, der fünf Bälle gleichzeitig in der Luft zu halten versucht. „So hör doch endlich mit der Zappelei auf“, rufen ihm die Leute zu. „Willst du uns nicht endlich zeigen, was genau du da machst? Hält er aber inne, fällt alles zusammen“, sagte Köhlmeier und zieht den Schluss, Demokratie müsse immer in Bewegung gehalten werden. „Man muss immer auf sie achtgeben.“
Arik Brauer, den eine Jury zum ersten Träger des Fritzcsoklich-demokratiepreises erwählt hat, begründet im Gespräch die Gefährdung der Demokratie mit der menschlichen Natur. Unsere demokratischen Spielregeln dienten der Einhegung der Menschen. Diese würden, ihrer rohen Natur gemäß, eigentlich nur das Recht des Stärkeren anerkennen. In der Langfassung des Gesprächs, das Sie auf unserer Homepage nachhören können, verweist er auf den Ziegenbock, der seine Vormachtstellung in der Herde nur aufgibt, wenn ein jüngerer, stärkerer sie ihm streitig macht. Die Spielregeln der Demokratie aber machen es möglich, schon vor der physischen Erschöpfung des Starken einen Machtwechsel herbeizuführen.
Arik Brauer wird vielen von Ihnen vor allem als Maler oder als Sänger ein Begriff sein. Im Vorjahr aber trat er oft bei Gedenkveranstaltungen auf. Und jedes Mal wieder stach ein Zug seines Denkens hervor, der unverzichtbar ist für ein friedliches Zusammenleben in einer Demokratie. Er zeigt nicht mit dem anklagenden Zeigefinger auf andere, sondern versucht zu verstehen, warum ein anderer so denkt, wie er denkt. Zum Beispiel, warum Menschen das Kriegsende nicht als Befreiung, sondern als Niederlage empfunden haben. Er könne das nachvollziehen, sagte er uns. Wer damals nicht verfolgt war, hatte 1945 vor allem Verluste erlebt. „Die haben sich plötzlich von der ausländischen Militärmacht verfolgt gefühlt und gedemütigt. Da musste jemand wirklich politisch sehr bewusst leben, um zu begreifen, dass das eine Befreiung vom Nazifaschismus war und daher ein Aufstieg.“us dem Mund eines Menschen, der als Jude in einem Versteck den Krieg in Wien überlebt hat, klingt das überraschend. Brauer zitiert ein jüdisches Sprichwort, das ihm zur Maxime geworden ist. „Man soll niemanden verurteilen, bevor man nicht einen Kilometer in seinen Schuhen gegangen ist.“Eine gute Grundlage für das Zusammenleben, ein guter Grund, in Arik Brauer einen würdigen Fritz-csoklich-preisträger zu sehen.
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