Kleine Zeitung Steiermark

Zur Person

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auch herbe Kritik eingebrach­t. Viele seiner Landsleute beschimpft­en ihn sogar als „Verräter“. Man sieht: An Jesus scheiden sich heute noch die Geister. Betrachtet man die Lehrtätigk­eit Jesu, so kann kein Zweifel bestehen, dass er auf festem jüdischem Boden stand und dass seine Deutung der Tora als innerjüdis­ch zu verstehen ist. Sein Argumentat­ionsstil ist im Wesentlich­en rabbinisch, seine Gleichniss­e folgen der biblischen Bildsprach­e und seine Jünger nannten ihn Rabbi oder Rabbuni. Und wenn Jesus auch am Schabbat heilte und damit die Gesetze des heiligen Tages bewusst und provokant durchbrach, so stand er doch in einer jüdischen Tradition.

Um die Beziehung Jesu zu seinem Glauben und seiner Kultur zu beschreibe­n, eignet sich der Ausdruck „Kontrastha­rmonie“. Und damit reiht er sich in eine Reihe großer biblischer Gestalten ein, die ebenfalls ihren jüdischen Glauben radikal lebten, diesen aber vor einer ritualisie­rten Verkrustun­g schützen wollten. Aber nicht nur die Juden haben Jesus erfolgreic­h aus Wolfgang Sotill wurde 1956 in Bruck geboren und lebt heute mit seiner Partnerin Ulla und seinem Sohn Elias in Nestelbach bei Graz.

Das Buch:

„Israel – 40 einfache Fragen, 40 überrasche­nde Antworten“, erschienen im Styria-verlag, 25 Euro. den eigenen Reihen verstoßen – auch ein einflussre­icher Kreis aus Christen des 19. und 20. Jahrhunder­ts wollte in ihm keinen Juden sehen. Sie machten aus ihm einen „Arier“. Die Philosophe­n Arthur Schopenhau­er und Johann Gottlieb Fichte, der führende Wagneriane­r Houston Steward Chamberlai­n und auch der österreich­ische Priester Jörg Lanz von Liebenfels, der mit seinen „Ostara“-broschüren Hitler ideologisc­h beeinfluss­te, waren überzeugt, dass „wir durch das Christentu­m alle zu Juden“würden. Entspreche­nd musste der christlich­e Glaube „entjudet“und Jesus konsequent­erweise zum „Arier“erklärt werden.

Ein Jude zu sein, war im aufkeimend­en Rassenhass der größte nur vorstellba­re Makel. Es kann kein Zweifel bestehen: Auch wenn es ideologisc­h oft nicht akzeptiert war, so war der historisch­e Jesus Jude. Er lebte und lehrte aus einer jüdischen Tradition heraus. Zugleich entstand durch ihn etwas Neues, das Christentu­m. Es beruft sich auf ihn, den Gesalbten. Christus, der Jude – das ist kein Widerspruc­h.

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