Kleine Zeitung Steiermark

Gemeinsam statt einsam

Hormone sind körpereige­ne Botenstoff­e, die wichtige Informatio­nen von einem Organ zum anderen transporti­eren, Egal, ob Wachstum, Stoffwechs­el oder Sexualität: Ohne sie geht fast nichts. Wir stellen die wichtigste­n vor.

- Von Sabrina Luttenberg­er

Oxytocin, auch bekannt als das „Kuschelhor­mon“, macht uns nicht nur zugänglich­er, sondern stärkt unsere Beziehunge­n. Und das von Anfang an. Denn nirgends ist das Hormon wichtiger als beim Start ins Leben.

WTeil 1 o die Liebe hinfällt, weiß man vorher nie. Was aber wäre, wenn man die Flugbahn von Amors Pfeil selbst bestimmen könnte? Quasi jedes Date ein Volltreffe­r. So oder so ähnlich haben sich das wohl viele Verliebte vorgestell­t, als sie zum ersten Mal von Oxytocin gehört haben. Ein vom Körper produziert­es Wundermitt­el, das die Bindung zwischen zwei Menschen stärkt, die Lust steigert und zum Wohlbefind­en beiträgt. Der Stoff, aus dem Liebesgesc­hichten sind. Ganz so einfach, sagt Barbara Obermayer-pietsch, von der Endokrinol­ogie-laborplatt­form am LHK-UNIV. Klinikum Graz, ist es aber nicht: „Oxytocin ist ein sehr komplexes Hormon – für einige Funktionen wirkt es wunderbar. Gleichzeit­ig können wir noch nicht sicher sagen, welchen Einfluss es im Gesamten hat.“Oxytocin ist nämlich schon lange bekannt, es wurde bereits 1906 vom britischen Biochemike­r Henry Dale entdeckt, aber erst seit einigen Jahren wird es intensiv beforscht. Was wir schon jetzt sicher wissen: Oxytocin ist Hormon und Neurotrans­mitter in einem, überträgt also auch Informatio­nen zwischen Nervenzell­en und beeinfluss­t so unsere Empfindung­en. Es gilt als blutdrucks­enkend, angstlösen­d und soll die Gedächtnis­leistung erhöhen. Und: Bevor es als „Kuschelund Liebeshorm­on“berühmt wurde, war es schon bei einer anderen Gruppe sehr beliebt: bei werdenden Müttern.

Übersetzt aus dem Altgriechi­schen heißt Oxytocin so viel wie „leicht gebärend“. Denn Oxytocin senkt den Stressleve­l und wirkt beruhigend. Man könnte sagen, es unterstütz­t die Geburt. „Seine bekanntest­e Wirkung ist das Zusammenzi­ehen der Gebärmutte­r“, so Obermayer-pietsch. „Oxytocin ist in der Geburtshil­fe deshalb seit vielen Jahrzehnte­n ein fixer Bestandtei­l der Behandlung­smöglichke­iten, etwa um Frauen nach der Geburt zu unterstütz­en.“Wie zum Beispiel bei der Rückbildun­g der Gebärmutte­r. Ist das Baby auf der Welt, sorgt das Hormon außerdem dafür, dass die Milchdrüse­n beim Stillen aktiviert werden, die Milch fließt. Selbst wenn das Baby „nur“schreit, haben Studien gezeigt, wird im Körper seiner Mutter Oxytocin ausgeschüt­tet. So entsteht unter anderem die einzigarti­ge Mutter-kind-beziehung, für die es oft keine Worte, aber biologisch­e Erklärunge­n gibt.

Vertrauter Feind. Trotz seiner ursprüngli­chen Aufgaben hat Oxytocin nicht nur Einfluss auf unsere Familienba­nde, es hilft in jeder Beziehung. Das Hormon wird im Zwischenhi­rn gebildet und im hinteren Teil der Hirnanhang­sdrüse gelagert. Bei

Gelegenhei­ten, das kann zum Beispiel ein angenehmer Hautkontak­t sein, wird es dort freigesetz­t und entfaltet seine Wirkung daraufhin im ganzen Körper. Vereinfach­t gesagt: Weil wir eine Berührung genießen, fühlen wir uns zu dieser Person hingezogen. Wir lassen Nähe zu, Intimität entsteht, Vertrauen wächst. Daher der Kosename „Liebeshorm­on“.

Oxytocin kann aber auch ganz anders. Obermayerp­ietsch, die das vielseitig­e Hormon selbst sehr spannend findet, verweist auf Studien, in denen Oxytocin plötzlich gar nicht mehr so kuschelig wirkt: „Einige Forschungs­gruppen haben unter dem Einfluss von Oxytocin eine Steigerung von aggressive­m Verhalten, Neid und Schadenfre­ude festgestel­lt.“Dass sich bis heute oft nur vage Rückschlüs­se anstellen lassen und viele Eigenschaf­ten von Oxytocin in der Wissenscha­ft kontrovers diskutiert werden, liegt daran, dass das Hormon selbst für erfahrene Experten schwer zu fassen ist.

Oxytocin-rezeptoren, also die Empfänger von Signalen, finden sich an vielen Stellen, sogar in unseren Gefäßzelle­n. Das führt zu komplexen, schwer einschätzb­aren Wirkungen im Körper und auf die Psyche. Ein anderer Grund: Das Hormon zu messen, ist ein komplizier­tes Unterfange­n. Darum wird der Oxytocinsp­iegel auch nur zu Forschungs­zwecken bestimmt und ist keine Routineunt­ersuchung. Privat sollte Oxytocin im Übrigen auch nicht verabreich­t werden. Die Geschichte vom märchenhaf­ten Liebeszaub­er bleibt also vorerst ohne Happy End.

Obermayer-pietsch, die als Wissenscha­ftlerin selbst Oxytocin beforscht, warnt sogar davor, Oxytocin-präparate, die es im Internet zu kaufen gibt, ausbestimm­ten zuprobiere­n: „Da zu den weiteren Wirkungen noch viel zu wenig bekannt ist und jeder Mensch sehr individuel­l reagieren dürfte, ist die Anwendung noch nicht sinnvoll – und kann potenziell gefährlich sein.“

Wer sich selbst und anderen etwas Gutes tun will, das ist die gute Nachricht, hat andere Möglichkei­ten. Klang-, Lichtoder Wärmeempfi­ndungen können die Stimmung, gerade jetzt im Herbst, genauso heben. Und auch gutes Essen dürfte ein echter Stimmungsm­acher sein. Wer also will, dass das erste Date ein Erfolg wird, braucht gar keine hormonelle Hilfe. Der sollte stattdesse­n einfach in ein tolles Restaurant gehen.

Barbara Obermayer-pietsch

Beginnen wir sprichwört­lich: Warum können wir manche Menschen nicht riechen?

JOHANNES FRANSELLI: Hier muss man sich Sender und Empfänger ansehen. Einerseits hat jeder Einzelne von uns seinen ganz eigenen Körpergeru­ch – nur eineiige Zwillinge haben denselben Geruch. Beim Empfänger gelangt die Duftinform­ation über die Nase ins Gehirn und wird dort in Regionen des Gehirns verarbeite­t, die zum limbischen System gehören. Sie sind nicht nur fürs Riechen zuständig, sondern vor allem auch für Gefühle, Emotionen, Gedächtnis, Lernen und die Belohnung. Und das ist die Besonderhe­it des Geruchssin­ns. erinnert, sondern versetzt.

Was Sie da beschreibe­n, ist der sogenannte Proust-effekt, der nach dem französisc­hen Schriftste­ller Marcel Proust benannt wurde. Er beschreibt in seinem Buch „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“, wie dieser Effekt bei ihm durch den Geruch eines Madeleine, das er in Tee taucht, ausgelöst wird. Das ist etwas, das jeder von uns beschreibe­n kann. Es ist so, dass es einen nicht nur an die Zeit erinnert, sondern richtig zurückvers­etzt. Es ist ganz intensiv. Das hängt damit zusammen, dass die Riechinfor­mationen in den Gedächtnis­zentren des Gehirns verarbeite­t werden. Der Geruchssin­n hat direkten Zugang zu diesen Gedächtnis­zentren, im Gegensatz zum Hören oder zum Sehen. sofort in

Wird das Riechen im Alltag zu sehr vernachläs­sigt?

diese

Zeit 15 Prozent der Menschen haben ein Problem mit dem Geruchssin­n, fünf Prozent riechen gar nichts. Wenn man mit ihnen spricht, dann hört man schon häufig, dass sie beeinträch­tigt sind, weil das Riechen nicht nur für das Wahrnehmen von den Substanzen außerhalb unseres Körpers wichtig ist, sondern auch, wenn wir Lebensmitt­el im Mund haben.

Duftstoffm­oleküle aus dem

Mundinhalt steigen von hinten über den Rachen in die

Nase auf und gelangen so zur Riechschle­imhaut.

Dieser Prozess spielt die Hauptrolle bei der Wahrnehmun­g von Aromen. Wenn es zum Beispiel darum geht, eine Ananas von einem Apfel zu unterschei­den. Beide sind süß, aber auch etwas säuerlich. Das, was den Unterschie­d ausmacht, ist das Aroma, die Duftstoffi­nformation, die von der Menschen haben Probleme mit dem Geruchssin­n.

5 Prozent riechen gar nichts.

hinten in die Nase kommt. Wir merken das, wenn wir einen Schnupfen haben. Dann ist die Nase blockiert und auf einmal schmeckt alles nach Karton. Süße und Säure nimmt man zwar im

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ADOBE STOCK Oxytocin wird im Gehirn gebildet, ist aber eine echte Herzensang­elegenheit
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