Kleine Zeitung Steiermark

Die alte steirische Ordnung

In entsichert­en Zeiten neigen die Wähler dem Vertrauten zu. Wendestimm­ung haben sie genug im Leben draußen. So siegte Hermann Schützenhö­fer konkurrenz­los.

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Am gestrigen Ewigkeitss­onntag, wie er im Kirchenjah­r heißt, mögen sich einige in der steirische­n Volksparte­i daran erinnert haben, wie wenig diese Kategorie für die Politik taugt, sogar in der Steiermark. Immerhin eine halbe Ewigkeit, von Kriegsende an, hatte die ÖVP die Macht und kulturelle Hegemonie inne und prägte mit ihren prägnanten Köpfen die Identität des Landes. Dann kam 2005, der Verlust der Mehrheit, den die Partei wie einen Bruch der Ordnung und der Naturgeset­zlichkeit empfand.

Ohne diese Rückbesinn­ung auf jene traumatisc­he Erfahrung lässt sich nicht ermessen, was dieser gestrige Triumph für die steirische ÖVP und für Hermann Schützenhö­fer persönlich bedeutet. Er, der damals als 24-Stunden-pfleger auserkoren wurde, die Scherben aufzulesen und die Partei vor dem inneren Zerfall zu bewahren, stellt jetzt als beglaubigt­e Führungskr­aft die alte Ordnung wieder her.

Schützenhö­fer, seit Jugendjahr­en mit dieser, seiner Partei verwoben und aus den Bünden hervorgega­ngen, verkörpert diese Ordnung wie kaum ein anderer. Er ist ein türkisfrei­er Schwarzer. Er kann, wenn es sein muss, an ein und demselben Tag die rechte Flanke abdichten und an anderer Stelle die katholisch­e Soziallehr­e zum Klingen bringen, alles mit jovialer Selbstvers­tändlichke­it. Seine Kernkompet­enz ist die Fähigkeit, im Nu Nähe herzustell­en. Er ist ein gnadenlose­r Identitäts­verstärker und, wenn es sein muss, spielerisc­h alles in einem: Schmähbrud­er, Prediger, Tröster und harter Taktiker. Volksschau­spieler nannte ihn die „Presse“treffend. Ein Muliar und Schenk des Steirische­n, eine Leutseligk­eitsmaschi­ne, gegen die Michael Schickhofe­r, der Beflissene, kein Rezept wusste. Wie seine Bundespart­eichefin rief er ein Duell aus, das es durch die Asymmetrie nie gab. Jetzt muss er achtgeben, dass sich der „Schichtwec­hsel“, die plakatiert­e Losung, nicht gegen ihn richtet. Rendi-wagner und die FPÖ prozentuel­l hinter sich gelassen zu haben: ein Trost, der wenig Nährwert hat.

So lässt sich aus dieser Wahl eine schöne Konstante ablesen, die sich auf Landeseben­e leitmotivi­sch durch all die Urnengänge zog: In unübersich­tlichen Zeiten neigen die Wähler zum Vertrauten, zum Wir-anbieter. Diese Sehnsucht bediente Schützenhö­fer unschlagba­r.

So endete die Wahl letztlich als Blaupause des 29. September. Die Physik des Soges fesselte FPÖ und SPÖ in ihrem Krisenmodu­s, während ÖVP und Grün siamesisch zulegten, eine Ermutigung für die Verhandler, Co2-neutral Dampf zu machen. chützenhöf­er wird den grobianisc­h unterbroch­enen Bund mit der SPÖ fortsetzen. Er tut gut daran, nicht an der ideenarmen letzten Periode Maß zu nehmen, sondern an den Jahren mit Franz Voves, dem Ermögliche­r des Glücks. Das Land, beschenkt mit hohem Potenzial, muss in die Zukunft gedacht werden. Selbstbesc­hwörungen („höchste Forschungs­quote“) sind kein Werbeclip, sondern mit Substanz zu füllen. Es gehört verpflicht­end zur alten steirische­n Ordnung.

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