Kleine Zeitung Steiermark

„Die Sozialpart­nerschaft ist gerade im Koma“

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Susanne Hofer (25) arbeitet bei der Lebenshilf­e und wurde vor einer Woche als erste Frau zur Vorsitzend­en der Gewerkscha­ftsjugend gewählt. Ein Gespräch über Lehrlinge, Gerechtigk­eit und die Notwendigk­eit starker Worte.

wie daheim in der Küche: Wenn man nix einkauft und den Kühlschran­k nicht befüllt, dann bleibt er leer. Wir müssen den Lehrlingen etwas bieten, zum Beispiel den Rechtsansp­ruch auf die Möglichkei­t, Matura zu machen, in manchen Branchen den Gratis-führersche­in. Wir müssen die Berufsschu­len modernisie­ren, der Overhead-projektor ist dort oft das Modernste, was es im Klassenzim­mer gibt.

„Ich hasse Un- gerechtigk­eit“: Susanne Hofer Bei Fridays for Future sind Sie an der Seite der Schüler mitmarschi­ert, wieso waren Sie als Arbeitnehm­erver- treterin gleich an der Seite der Bewegung?

Ich war damals in Brüssel, da gab es ein riesiges Plakat der europäisch­en Gewerkscha­ft, auf dem stand: „Auf einem toten Planeten wird es auch keine Arbeitsplä­tze geben.“Wir müssen die Jungen unterstütz­en, wenn uns auffällt, dass von den Älteren etwas verschlafe­n wird!

Wie viele Lehrlinge erreichen Sie mit Ihren Aktivitäte­n?

Wir haben 140.000 Mitglieder unter 30, ich habe schon das Gefühl, dass die alle mitbestimm­en wollen, auch über die sozialen Medien. Wir haben seit zwei Jahren wieder stark steigende Jugendmitg­liederzahl­en, wir sind wir wieder gut dran an den Lehrlingen.

Sie selbst bedienen sich oft einer kräftigen Sprache. Bei einer Großdemons­tration gegen die Abschaffun­g der Jugendvert­rauensräte in den Betrieben sagten Sie: „Einen Finger könnt ihr uns brechen, eine Faust nicht!“Braucht man so starke Worte, um gehört zu werden?

Das ist meine Leidenscha­ft, mein Herzblut. Ich hasse Ungerechti­gkeit. Wenn mir was unter den Nägeln brennt, muss es raus. Ich will, dass es den Lehrlingen genauso gut geht wie anderen. Wenn da die Mitbestimm­ung eingeschrä­nkt werden soll, dann ist das etwas, was ich nicht verstehen will und kann, da braucht es klare Worte!

Kürzlich sagte mir ein Gewerkscha­fter: Die Wirtschaft sitzt am Tisch der Regierung, die Sozialpart­nerschaft ist tot. Ist sie das?

Wir sitzen nicht mehr mit den gleichen Leuten am Tisch wie vor einigen Jahren. Die Augenhöhe müssen wir uns erst wieder erkämpfen. Die Sozialpart­nerschaft ist gerade im Koma, aber sie hat noch eine Chance, sie muss eine Chance haben. Es geht ja um etwas, um unseren Sozialstaa­t, um die Arbeitnehm­erinnen und ihre Rechte.

Die SPÖ ist in der Krise und man hätte vermutet, es könnte helfen, stärker die Stimme der Arbeitnehm­er zu werden, jemanden aus der Gewerkscha­ft an die Spitze zu setzen, aber keiner meldet sich. Warum eigentlich?

Wir reden darüber intern, aber ich bin nicht in der Position, dazu öffentlich etwas zu sagen. Claudia Gigler

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