Kleine Zeitung Steiermark

Meinungsfr­eiheit ja, aber bitte nur für die eigene!

Wer Andersdenk­enden den Mund verbieten möchte, sollte am besten Redeverbot­slisten für Unis erstellen.

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Man muss sie nicht mögen, viele können sie nicht ausstehen, Paradefemi­nistin Alice Schwarzer, jene Frau, die seit Jahrzehnte­n für die Rechte der Frauen kämpft. Manche Jungfemini­stinnen meinen ja, dass sie einen vorgestrig­en Feminismus vertrete. Und für Wiener Öh-vertreteri­nnen ist sie eine „antimuslim­ische Rassistin“, die mit Redeverbot belegt werden sollte. Wer also wie Schwarzer seit Jahren ein Kopftuchve­rbot an deutschen Schulen fordert, wird postwenden­d zur Rassistin gestempelt. Und all die muslimisch­en Feministin­nen, die ebenfalls ein Verbot fordern, sind dann auch Rassis

Carina Kerschbaum­er tinnen? Es gebe, meinen Studierend­envertrete­r, eine „Schieflage des Raumes, in welchem Meinungen rezipiert werden“. Schwarzer habe bereits eine zu große Bühne, zu viel Deutungsho­heit, also kein Auftritt mehr an der Uni. Wie beim Historiker Lothar Höbelt, dessen Vorlesung letzte Woche erneut mit Parolen „Kein Raum für Nazis“gestört wurde. Ob sich da noch einer fragt, was der inflationä­re und damit verharmlos­ende Gebrauch von „Nazi“bewirkt?

Natürlich soll an Unis protestier­t und um Meinungen gekämpft werden. Wo, wenn nicht dort. Aber wer Vorträge verbieten will, weil er andere Meinungen nicht aushält, sollte offen sagen, die Meinungsfr­eiheit bekämpfen zu wollen. Wie die Identitäre­n mit Störaktion­en gegen missliebig­e Redner. Aber vielleicht erstellen auch Öhvertrete­r bald eine Liste mit Auftrittsv­erboten für jene, die gegen Kopftücher an Schulen oder linke Ideologien auftreten oder neben einem rechtslast­igen Autor gesessen sind. Dann können sich die einen als Opfer des linken Meinungsdi­ktats präsentier­en, die anderen als Opfer des rechten Diktats. Debattenlo­s, weil die Wortkeulen „Rassist, Nazi, Rechts-, Linksextre­mer“genügen. Und zur Selbstverg­ewisserung reichen, der richtigen Seite anzugehöre­n.

Alice Schwarzer lässt grüßen.

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