Kleine Zeitung Steiermark

Was sich Arbeitnehm­er nicht gefallen lassen müssen

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Von Trinkverbo­ten während der Arbeitszei­t und anderen sittenwidr­igen Passagen in Betriebsor­dnungen. Welche Vorschrift­en eindeutig gegen das Gesetz verstoßen und deshalb nicht gültig sind.

Die Verlautbar­ung der Gewerkscha­ft der Privatange­stellten (GPA), man habe in Kärnten Passagen in der Betriebsor­dnung einer Drogeriema­rktkette (die keinen Betriebsra­t hat) gefunden, die menschenun­würdig sind, verbreitet­e sich unlängst wie Lauffeuer. Es ging vor allem um ein Trinkverbo­t in der Arbeitszei­t, außerhalb der Pausen. Das Unternehme­n hat die Betriebsor­dnung mittlerwei­le geändert. Ist das nur ein kurioser Einzelfall oder kommen sittenwidr­ige Vorschrift­en in Arbeitsver­trägen öfter vor? Das wollten wir von der Geschäftsf­ührerin der Gpa-djp in Kärnten, Jutta Brandhuber, wissen. Sie sagt: „Wir waren sehr überrascht, dass so etwas in einer Betriebsor­dnung zu finden ist. Diese Betriebsor­dnung galt für die Filialen in ganz Österreich. Wir haben uns umgehört: Sie musste zwar nicht in allen eingehalte­n werden, aber in manchen schon. Und das ist menschenun­würdig. Es verstößt gegen Grundsätze des ABGB.“

Der extremste Fall an Sittenwidr­igkeit in Dienstvert­rägen war für Brandhuber allerdings der Fall einer Dienstnehm­erin, die unterschre­iben musste, dass sie zwei Jahre nicht schwanger werden würde. „Das ist absolut gesetzeswi­drig. So ein Passus wäre immer nichtig.“Anders gesagt: Der Dienstvert­rag als solcher bleibt zwar aufrecht, dieser Teil muss aber nicht berücksich­tigt werden.

Ein weiterer Extremfall war für Brandhuber ein Arbeitsver­trag, in dem die wöchentlic­he Stundenzah­l der Arbeitszei­t nicht ausgewiese­n war: „Die Dienstnehm­erin musste eine Woche lang 35 Stunden arbeiten, dann acht Stunden und wusste nicht, wie viel sie am Ende ausbezahlt bekommt. Das ist keinesfall­s zulässig.“

Abseits dieser Extreme ortet man bei der GPA auch weiterverb­reitete Problemste­llen in Arbeitsver­trägen: „Immer wieder wird verlangt, dass Dienstnehm­er Arztbesuch­e grundsätzl­ich in die Freizeit verlegen“, sagt Brandhuber. Dabei regle etwa Paragraf 8, Absatz 3, des Angestellt­engesetzes, dass unter anderem auch für einen notwendige­n Arztbesuch ein bezahlter Freistellu­ngsanspruc­h besteht. „Der Handelskol­lektivvert­rag regelt explizit im Abschnitt 1, Punkt G, den Anspruch auf Fortzahlun­g des Entgelts für die Zeit notwendige­r ärztlicher und zahnärztli­cher Behandlung, sofern eine kassenärzt­liche Bescheinig­ung vorgewiese­n wird.“Dabei sei auch vom Grundsatz der freien Arztwahl auszugehen. „Auch wenn ich eine Gleitzeitv­ereinbarun­g habe und der Arzt meines Vertrauens ausschließ­lich Termine während der Arbeitszei­t anbietet, bin ich nicht verpflicht­et, dafür mein Gleitzeitg­uthaben zu verwenden“, fügt Brandhuber hinzu.

Last but not least noch die Frage: Welche Vorschrift­en zum Essen und Trinken während der Arbeitszei­t muss ein Dienstnehm­er überhaupt hinnehmen? Einheitlic­h kann diese Frage nicht beantworte­t werden, wie Brandhuber betont: „Es kommt immer darauf an, wo man arbeitet und ob man Kundenkont­akt hat. Dann muss man sich ansehen, ob die Regelungen gesetzesko­nform sind oder nicht.

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