„Nicht von Nazi-denke bestimmt“
Der Historikerbericht zeichnet ein Bild einer FPÖ, die sich von rechtsextremen Wurzeln emanzipiert hat.
Die FPÖ sei kein „Wurmfortsatz des Sammelbeckens der Ehemaligen“, sagt Thomas Grischany, sondern eine eigenständige Partei, die sich von einer einstmals engen personellen Verflechtung mit Ex-nationalsozialisten emanzipiert habe.
Das ist im Wesentlichen die Zusammenfassung des an die 700 Seiten starken Berichts einer Historikerkommission, den die Freiheitlichen gestern, Montag, veröffentlicht haben.
Ohne die Parteiführung allerdings: Neben Grischany und Andreas Mölzer, die an dem Bericht mitgearbeitet hatten, trat nur Generalsekretär Christian Hafenecker vor die Medien – Parteichef Norbert Hofer fehlte ebenso wie Klubobmann Herbert Kickl.
Auch Wilhelm Brauneder, ehemals Dritter Nationalratspräsident für die FPÖ und als Rechtsgeschichteprofessor Leiter der Historikerkommission, war bei der Präsentation nicht dabei. Terminschwierigkeiten: Die Präsentation war am Wochenende kurzfristig angesetzt worden, so Hafenecker, nachdem geplante Podiumsdiskussionen mit Fpö-kritischen Experten „offenbar konzertierten Absagen“zum Opfer gefallen waren. „Wir wollten uns nicht vorwerfen lassen, dass wir den (mehrfach verschobenen, Anm.) Bericht auch 2019 nicht vorgelegt hätten.“
Was steht nun in dem Bericht? Über 13 Kapitel – plus Materialsammlung – findet sich ein breites Spektrum historischer Essays. Beginnend mit einer Analyse der Verflechtung der FPÖ mit Altnazis nach dem Zweiten Weltkrieg über den „Verband der Unabhängigen“, ihre Vorläuferpartei, sind es viele Detailaufnahmen, die den Bericht
prägen: Eine Erörterung der Stärke des Dritten Lagers in Oberösterreich findet sich darin ebenso wie eine Zusammenfassung der programmatischen Aufstellung der Freiheitlichen über die Jahrzehnte bis hin zu einer Darstellung des „Liedguts des Farbstudententums“– Anlass für den Bericht war ja die „Liederbuchaffäre“gewesen, in der Burschenschaft des Fp-politikers Udo Landbauer Texte aufgetaucht waren, die die Opfer der Schoah verspotteten. Auch Beiträge zweier israelischer Historiker heben den Beitrag der FPÖ zur Restitution und Habilitation der Opfer des Nationalsozialismus hervor.
In Summe ergeben die Beiträge in dem Bericht das Bild, das Grischany – selbst Historiker und ehemals Kabinettsmitarbeiter
Heinz-christian Straches – eingangs zeichnet: von einer Partei, die zu Beginn personell stärker mit ehemaligen Nationalsozialisten durchsetzt war als die anderen – die aber diese Wurzeln überwunden habe: „Man kann nicht behaupten, dass die FPÖ in ihrem Innersten durch Nazi-gedanken zusammengehalten wird.“
Es obliegt externen Autoren wie dem ehemaligen Wiener Stadtschulratspräsidenten Kurt Scholz (SPÖ), kritische Passagen in dem Bericht zu formulieren: etwa, dass es „einen klaren Kontrast“zwischen dem staatsmännischen Auftreten von Fpö-regierungsmitgliedern „und gleichzeitigen Internetlikes und Liederbuch-vorfällen, welche die Glaubwürdigkeit der Aussagen der Fpö-spitzenpolitiker mindern“, gebe.