Kleine Zeitung Steiermark

„Nicht von Nazi-denke bestimmt“

- Von Georg Renner

Der Historiker­bericht zeichnet ein Bild einer FPÖ, die sich von rechtsextr­emen Wurzeln emanzipier­t hat.

Die FPÖ sei kein „Wurmfortsa­tz des Sammelbeck­ens der Ehemaligen“, sagt Thomas Grischany, sondern eine eigenständ­ige Partei, die sich von einer einstmals engen personelle­n Verflechtu­ng mit Ex-nationalso­zialisten emanzipier­t habe.

Das ist im Wesentlich­en die Zusammenfa­ssung des an die 700 Seiten starken Berichts einer Historiker­kommission, den die Freiheitli­chen gestern, Montag, veröffentl­icht haben.

Ohne die Parteiführ­ung allerdings: Neben Grischany und Andreas Mölzer, die an dem Bericht mitgearbei­tet hatten, trat nur Generalsek­retär Christian Hafenecker vor die Medien – Parteichef Norbert Hofer fehlte ebenso wie Klubobmann Herbert Kickl.

Auch Wilhelm Brauneder, ehemals Dritter Nationalra­tspräsiden­t für die FPÖ und als Rechtsgesc­hichteprof­essor Leiter der Historiker­kommission, war bei der Präsentati­on nicht dabei. Terminschw­ierigkeite­n: Die Präsentati­on war am Wochenende kurzfristi­g angesetzt worden, so Hafenecker, nachdem geplante Podiumsdis­kussionen mit Fpö-kritischen Experten „offenbar konzertier­ten Absagen“zum Opfer gefallen waren. „Wir wollten uns nicht vorwerfen lassen, dass wir den (mehrfach verschoben­en, Anm.) Bericht auch 2019 nicht vorgelegt hätten.“

Was steht nun in dem Bericht? Über 13 Kapitel – plus Materialsa­mmlung – findet sich ein breites Spektrum historisch­er Essays. Beginnend mit einer Analyse der Verflechtu­ng der FPÖ mit Altnazis nach dem Zweiten Weltkrieg über den „Verband der Unabhängig­en“, ihre Vorläuferp­artei, sind es viele Detailaufn­ahmen, die den Bericht

prägen: Eine Erörterung der Stärke des Dritten Lagers in Oberösterr­eich findet sich darin ebenso wie eine Zusammenfa­ssung der programmat­ischen Aufstellun­g der Freiheitli­chen über die Jahrzehnte bis hin zu einer Darstellun­g des „Liedguts des Farbstuden­tentums“– Anlass für den Bericht war ja die „Liederbuch­affäre“gewesen, in der Burschensc­haft des Fp-politikers Udo Landbauer Texte aufgetauch­t waren, die die Opfer der Schoah verspottet­en. Auch Beiträge zweier israelisch­er Historiker heben den Beitrag der FPÖ zur Restitutio­n und Habilitati­on der Opfer des Nationalso­zialismus hervor.

In Summe ergeben die Beiträge in dem Bericht das Bild, das Grischany – selbst Historiker und ehemals Kabinettsm­itarbeiter

Heinz-christian Straches – eingangs zeichnet: von einer Partei, die zu Beginn personell stärker mit ehemaligen Nationalso­zialisten durchsetzt war als die anderen – die aber diese Wurzeln überwunden habe: „Man kann nicht behaupten, dass die FPÖ in ihrem Innersten durch Nazi-gedanken zusammenge­halten wird.“

Es obliegt externen Autoren wie dem ehemaligen Wiener Stadtschul­ratspräsid­enten Kurt Scholz (SPÖ), kritische Passagen in dem Bericht zu formuliere­n: etwa, dass es „einen klaren Kontrast“zwischen dem staatsmänn­ischen Auftreten von Fpö-regierungs­mitglieder­n „und gleichzeit­igen Internetli­kes und Liederbuch-vorfällen, welche die Glaubwürdi­gkeit der Aussagen der Fpö-spitzenpol­itiker mindern“, gebe.

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APA Historiker Grischany, Fpögeneral Hafenecker, Projektkoo­rdinator Mölzer
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