„Weihnachten ist der beste Lehrmeister“
Bischof Wilhelm Krautwaschl über die Botschaft von Weihnachten, das Suchen der Menschen und der katholischen Kirche.
Das ist eine wichtige Frage – auf die ich aber selbst noch keine Antwort gefunden habe.
Haben die Geschenke die eigentliche Botschaft des Festes überlagert?
Als Kind habe ich mich immer über Geschenke gefreut. Für mich haben sie bedeutet, dass es jemanden gibt, der einen gern hat, der einen liebt. Ich freue mich noch heute, auch über die Weihnachtskarten, deren Schreiber mir ja ihre Wünsche zuteilwerden lassen. Ich weiß mich verdankt.
Weihnachten ist also eine schöne Gelegenheit, um den anderen Zuneigung zu zeigen?
Als Kind habe ich am 24. Dezember immer den Christbaum geschmückt. Das Schönste daran war, wenn sich meine Familie darüber gefreut hat. Ob ich damals schon das Einzigartige an der Geburt Jesu verstanden habe, kann ich nicht sagen ...
Du bist nicht allein! Gott gibt mir auch in schwierigsten Lebensumständen Hoffnung.
Wir leben in einer Überflussgesellschaft. Kann man da an das arme Kind in der Krippe noch glauben?
Es gibt immer mehr Menschen, darunter viele Jugendliche, die Zukunftsängste haben. Hier kann Gott Hoffnung geben. Es gibt auch das geflügelte Wort: Früher hatten die Menschen 60 Jahre und dann das ewige Leben, heute haben sie 90 Jahre und dann nichts mehr. Darum versuchen viele, alles in dieses eine Leben hineinzustopfen.
Aber sind die Ängste nicht verstehbar? Immer mehr Menschen sind vom Klimawandel betroffen. Bei der Umweltkonferenz in Madrid weigerten sich aber sogar reiche Industrienationen, ihre Umweltstandards hinaufzuschrauben. Man sieht, aber man tut nichts dagegen.
Das stimmt. Für mich ist der erste Schritt zu fragen: Was tue ich?
Ich versuche, Verpackungsmaterial zu reduzieren, wenn möglich, mit den Öffis und nicht mit dem Auto zu fahren und regelmäßig auf Fleisch zu verzichten. Ich verbinde das aber nicht mit apokalyptischen Ängsten, vielmehr vertraue ich auf die Zukunft und dass mir vieles in die Hand gegeben ist.
Positioniert sich die Kirche da eindeutig genug?
Ja, ich denke da nur an „Laudato si’“, die Umweltenzyklika von Papst Franziskus. Wir als Katholische Kirche Steiermark
eine ökofaire Beschaffungsordnung und darin beschlossen, regional, saisonal und fair einzukaufen, zudem haben wir Umweltleitlinien entwickelt sowie eine Klimaund Energiestrategie: Wir beziehen zum Beispiel ausschließlich umweltfreundlichen Strom. Für mich gehört das zu den Kernanliegen von Kirche: Die Schöpfungserzählungen finden sich ja schon im ersten Buch der Bibel.
Im aktuellen Vertrauensindex liegt die katholische Kirche bei –14, nur die Versicherungen (–32) und die Medien (–34) liegen darunter. Fehlt es der Kirche an Glaubwürdigkeit?
Ja, aber man könnte auch sagen: Trotz all der Verfehlungen der Kirche ist die Frohe Botschaft von Weihnachten nicht auszurotten.
In Kärnten haben viele Gläubige das Gefühl, dass die Kirche bei sich selbst einen anderen moralischen Maßstab anlegt. Der künftige Bischof Josef Marketz hat zuletzt gemeint, dass sich Bischof Schwarz jedenfalls entschuldigen müsse.
Das hat er schon bei seinem Abschied im Juni 2018 gemacht, nur hat es niemand gehört.
In der Causa Schwarz waren auch Frauenbekanntschaften ein Thema. Gehört der Zölibat nicht einfach abgeschafft? Nimmt er nicht den Priestern die Freiheit, eine Partnerschaft zu führen?
Ich stelle Ihnen eine Gegenfrage: Kippe ich die Institution Ehe, nur weil es viele Scheidungen gibt? Ich persönlich empfinde den Zölibat nicht als Verpflichtung, sondern als Lebensform, für die ich mich frei entschieden habe.
Trotzdem gibt es gerade in den Pfarren draußen und damit bei den Menschen immer weniger