Als ob ihr Zeit in Fülle und Übermaß hättet ...
Das älteste und neueste Geschenk ist kostenlos, schwerelos und wird kaum je ein Hit unter dem Christbaum.
Der Handel darf aufatmen, es gibt zwar einige, die dem Geschenkestress den Rücken gekehrt und nichts mehr unter den Christbaum gelegt haben, aber sie sind in der Minderheit. Für die meisten gehören sie einfach dazu, die Packerln im glänzenden Weihnachtspapier. Feinfühliges Schenken ist ja auch ein Akt höchster menschlicher Kultur. Dennoch hört man ihn immer öfter, den Satz „Wir schenken nichts mehr“oder „Wir schenken uns Zeit“. Also Zeitgutscheine für Partner, Kinder, Großeltern. Der Vorteil
„Gutscheine“ist zweifelsfrei, dass sie nichts kosten, nichts wiegen, keine Berge an Geschenkpapier hinterlassen. Und dennoch geht es um das kostbarste Gut – die Lebenszeit. Sie ist nicht käuflich, nicht zu stoppen, jedem vorgegeben. Womit das Zeitgeschenk, wenn es ernst gemeint ist, das Wertvollste sein könnte. Die Betonung liegt auf „könnte“. Denn mit kaum einem Gut wird gedankenloser umgegangen als mit der eigenen Lebenszeit. „Als ob ihr Zeit in Fülle und Übermaß hättet, verschwendet ihr sie“, mahnte ein großer Philosoph. Und mancher Zeitmanagementexperte hat diesen Ruf übernommen und in Ratgeberbüchern neu verarbeitet. Der Appell ist allerdings bereits zweitausend Jahre alt, stammt aus Senecas „Von der Kürze des Lebens“und wird in allen Empsolcher fehlungen für einen sinnvollen Umgang mit der Zeit immer aktuell bleiben. Wie Senecas Befund, dass das größte Hindernis im Leben die Erwartung sei, die vom Morgen abhängig ist und das Heute zerstört. eit zu schenken, könnte somit durchaus zu den feinfühligsten Geschenken zählen. Wie für viele der heutige Tag, an dem Familien einmal ungestresst zusammenkommen, das größere Geschenk sein kann als der Pullover, der zu klein ist, oder der Handmixer mit fünf Geschwindigkeitsstufen ...
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