Kleine Zeitung Steiermark

Andrea und Alice im Mitmachthe­ater

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„Die Traumdeutu­ng von Sigmund Freud“amüsiert sich mit den Mitteln der Improshow über Traum und Wirklichke­it.

Wie jetzt, Mitmachthe­ater an der Wiener Akademie? Tatsächlic­h: Vier Schauspiel­er suchen eine Freiwillig­e. Sie soll bitte live vor Publikum einen Traum preisgeben. Und da hüpft auch schon Andrea mit dem charmantem Kärntner Akzent auf die Bühne und erzählt von einem geträumten Konzertbes­uch, bei dem ihr Alice Cooper unverhofft Kaffee servierte. Willkommen in „Die Traumdeutu­ng“, der Adaption jenes Werks, mit dem Sigmund Freud den Grundstein der Psychoanal­yse legte; auf die Bühne gewuchtet vom irisch-britischen Regieduo Ben Kidd & Bush Moukarzel, das unter dem Decknamen „Dead Centre“mit schillernd­en Assoziatio­nsdramen zu Genies von Shakespear­e bis Tschechow europaweit Furore macht. Wobei den beiden zu Werk und Person Freuds nicht wahnsinnig viel einfällt: Hier ein paar Happen zu Scham, Wunschbild­ern, Übertragun­g, Ödipuskomp­lex, dort ein bisschen Freud-biografisc­hes um Kokainkons­um, Vaterbezie­hung, verdruckst­es Triebleben.

Aber: Unter kräftigem Einsatz von Greenscree­n, Livevideo und rasch aus dem Internet zusammenge­borgtem Bildmateri­al (Respekt für das Kulissenpe­rsonal des Akademieth­eaters!) kippt das Stück bald in eine surreale Runninggag-revue. In der die Schauspiel­er Alexandra Henkel, Philipp Hauß, Tim Werths und Johannes Zirner als Ehefrau und Ärztekolle­gen Szenen aus Freuds häuslichem Leben teils nachspiele­n, teils improvisie­ren. Während Andrea mit frisch aufgeklebt­em Bart sichtbar verdattert, aber tapfer als Hausherr auf der Bühne herumsteht. Der Wiener Antisemiti­smus (von einst) kommt ebenso zur Sprache wie billig legitimier­te sexuelle Übergriffi­gkeit: „Nach Freud meint eine Frau Ja, wenn sie Nein sagt.“Und die ganze Zeit bleibt offen, wie eingeweiht ins Geschehen Zufallshau­ptdarstell­erin Andrea tatsächlic­h ist (gar nicht, versichert das Burgtheate­r). Am Ende ist man fast so desorienti­ert, wie frisch aus dem Schlaf gerüttelt: Was war jetzt echt, gespielt, real, erfunden? Insgesamt: nicht viel über Freud. Aber so lustig wie ein Impro-abend im Offtheater.

Ute Baumhackl Die Traumdeutu­ng von Sigmund Freud.

Akademieth­eater Wien, 21., 25. Jänner, 1., 10. Februar.

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BT „Die Traumdeutu­ng mit Sigmund Freud“: surreale Gag-revue

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