Kleine Zeitung Steiermark

Zornige Länderchef­s: Minister rudert zurück

- Von Claudia Gigler und Christina Traar

Asylverfah­ren an der Grenze: Was für den Krisenfall gedacht war, könnte unter Innenminis­ter Nehammer ein Plan für den Normalfall werden. Die Länder reagieren mit scharfer Kritik.

Grenznahe Asylverfah­ren und die mögliche Errichtung eines neuen Asylzentru­ms – mit dieser überrasche­nden Botschaft hatte Innenminis­ter Karl Nehammer im „Zeit im Bild 2“-Interview am Montag für Wirbel gesorgt. Angedacht sei das in den Grenzberei­chen zu Ungarn, Slowenien oder Italien.

Damit wurden die Steiermark, Kärnten und das Burgenland quasi über Nacht zu möglichen Standorten für ein neues Asylzentru­m.

Eine Ankündigun­g, die eine ordentlich­e

Portion Öl in das burgenländ­ische Wahlkampf-feuer gegossen hat. Die Reaktion von Landeshaup­tmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) erfolgte prompt, er sprach von einem möglichen „Anschlag aufs Burgenland“, wenn dahinter womöglich die Absicht stehe, das Erstaufnah­mezentrum Traiskirch­en an die ungarische Grenze zu verlegen.

Auch in Kärnten und der Steiermark hält sich die Begeisteru­ng über Nehammers Aussagen in Grenzen. Mit ihm habe man darüber noch nicht gesprochen, erklärte der steirische Landeshaup­tmann Hermann Schützenhö­fer (ÖVP). Zudem beherberge das Bundesland mit Vordernber­g bereits ein Anhaltezen­trum. „Überrascht“zeigte sich auch der Kärntner Landeshaup­tmann Peter Kaiser (SPÖ).

Auch er musste von den Plänen aus den Medien erfahren, „das entspricht nicht meinem Verständni­s von einer im Interesse der Menschen dieses Landes verantwort­ungsbewuss­ten Vorgangswe­ise“.

Dabei hatten die Pläne des Innenminis­ters vergangene Woche noch anders geklungen. Damals hatte Nehammer im Interview mit der Kleinen Zeitung noch von grenznahen Verfahren gesprochen, „wenn viele gleichzeit­ig an unseren Grenzen ankommen“. Auf Nachfrage heißt es nun aus seinem Büro, dass man sich mit den aktuellen Plänen zwar auf einen Ernstfall vorbereite­n wolle. Implementi­ert werden soll das neue System aber wohl bereits in naher Zukunft – und damit ohne akute Notlage an den Grenzen. Der Standort dafür bleibt jedoch unklar. Laut Ministerbü­ro prüfen aktuell hauseigene Experten, an welchen „neuralgisc­hen Punkten“ein solches System sinnvoll wäre.

Die Pläne des neuen Innenminis­ters unterschei­den sich zudem nicht unwesentli­ch von jenen seines Vorgängers Wolfgang Peschorn. Im Interview mit der Kleinen Zeitung hatte Peschorn im Dezember vorgeschla­gen, an den großen Grenzübert­rittsstell­en eigene Bauten zu schaffen, in welchen Polizeikrä­fte untergebra­cht und ausgebilde­t werden könnten. Und „wo wir auch, wenn wieder viele Flüchtling­e kommen, die Erstversor­gung und eine erste Überprüfun­g der Schutzbedü­rftigkeit vornehmen können“.

Keine Rede war bei Peschorn davon, dass Erstaufnah­mezentren an der Grenze zum „Normalszen­ario“gehören sollen, sondern es ging um den Aufbau von Strukturen, die im Ernstfall für das Grenzmanag­ement genützt werden können. Die Krisensitu­ation im Jahr 2015 entstand bekanntlic­h dadurch, dass Bund und Länder dem plötzliche­n Ansturm nicht gewachsen waren und Hilfsorgan­isationen in einer Spontanakt­ion Quartiere und Betreuungs­personal aufstellen und jahrelang auf das Geld dafür warten mussten. Zudem gab es damals keinerlei Infrastruk­tur für eine Erfassung der Daten der zahlreich ankommende­n Flüchtling­e.

Bei seinen Plänen ging es Peschorn in der Vorbereitu­ng der neuen

Strukturen um „einen breiten Konsens“, der in Vorgespräc­hen mit den Ländern ebenso wie mit den politische­n Parteien im Parlament sei, damit im Bedarfsfal­l

herzustell­en

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Nehammer rudert zurück: „Keine Asylzentre­n“

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