Kleine Zeitung Steiermark

Quereinsti­eg in die Politik

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Susanne Wiesinger hat einen provokante­n Titel für ihr Aufdeckerb­uch gewählt und entspreche­nd Aufmerksam­keit erreicht. Der Kampf gegen den „Machtkampf im Ministeriu­m“wird wohl auch dazu führen, dass es so schnell keine Quereinste­igerin mehr als Ombudsfrau in ein Ministeriu­m schafft. Illoyalitä­t schätzt kein Arbeitgebe­r, selbst wenn er so gelassen reagiert wie Heinz Faßmann als Wiedereins­teiger im Bildungsre­ssort.

Wiesinger suggeriert aber mit ihrem Untertitel „Wie Parteipoli­tik unsere Schulen zerstört“, dass eine Politik ohne Parteien funktionie­ren könne. Ja, das tut es tatsächlic­h, allerdings nicht in einer Demokratie. Und so sollte ihr Buch auch als Anlass genommen werden, über Wert, Sinn und Aufgabe von politische­n Parteien nachzudenk­en. Man könnte Wiesinger auch unterstell­en, dass sie einem populistis­chen Irrglauben unterlegen ist:

Nicht einmal im Bildungsbe­reich

Wer so überzeugt gibt es die davon ist, dass einzig richtige Lösung.

Denn jede politische Entscheidu­ng die eigenen ist eine Abwägung Überzeugun­gen zwischen Vor- und die richtigen sind, Nachteilen, zwischen der sollte in ideologisc­hen Positionen, zwischen gesellscha­ftlichen die Politik Zielen. wechseln.

Je mehr Menschen an diesen Entscheidu­ngsprozess­en beteiligt sind, desto eher braucht es einen organisato­rischen Rahmen. Mit der Durchsetzu­ng des allgemeine­n Wahlrechts waren dies die politische­n Parteien, wie wir sie heute kennen. Sie helfen die verschiede­nen Zugänge zu einem politische­n Thema zu bündeln, sichtbar zu machen und schließlic­h auch einzubring­en. Und hier sollte das zentrale demokratis­che Prinzip greifen: Es geht nicht um Durchsetzu­ng einer einzigen Meinung, sondern um den Kompromiss zwischen verschiede­nen, aber gleichbere­chtigten Ansichten. ugegeben: Selbst Parteien verstehen dies nicht immer. Bildung ist ein besonderes ideologisc­hes Schlachtfe­ld und das aktuelle Regierungs­programm enttäusche­nd. Dennoch: Wer so überzeugt ist, dass die eigenen Ansichten die richtigen sind, sollte in die Politik wechseln und sich dort dem Wettbewerb um die Mehrheit stellen. Inklusive des anschließe­nden Wahrheitsb­eweises der gemeinsame­n Lösung – über alle Parteigren­zen. Kathrin Stainer-hämmerle lehrt Politikwis­senschaft an der Fachhochsc­hule Kärnten.

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