Wien wird nicht Chikago werden
Nach der Burgenland- ist vor der Wien-wahl. Noch in diesem Jahr muss Michael Ludwig den Bürgermeistersessel verteidigen. Kann ihm der rote Triumph im Burgenland nützen?
Sogar in Chikago wählten die Menschen Hans Peter Doskozil. Eigentlich ist Kittsee, jene burgenländische Gemeinde mit dem von heimgekehrten Auswanderern holprig getauften Ortsteil „Chikago“, traditionell Övp-terrain. Bei der Nationalratswahl im September gab beinahe die Hälfte der Menschen dort Sebastian Kurz ihre Stimme. Doch bei der Landtagswahl am Sonntag erreichte die SPÖ 47 Prozent. Nicht ganz die absolute Mehrheit, die Doskozil landesweit erreichte, doch ein Wert, von dem andere Sozialdemokraten nur träumen können. Michael Ludwig zum Beispiel.
Wiener Bürgermeister ist der nächste Rote, der sich der Wahl stellen muss. Sie wird für die Zukunft der Sozialdemokratie weit wichtiger sein als das Burgenland-ergebnis. Und sie wird nicht annähernd so gut ausgehen.
Dabei haben Michael Ludwig und Hans Peter Doskozil auf den ersten Blick einiges gemeinsam. Beide können von einem Landeshauptmann-bonus profitieren. Beide pflegen exakt so wenig Nähe zu Parteichefin Pamela Rendi-wagner, wie es für sie gerade noch verträglich ist. Beide gelten als bodenständig und haben hohe Beliebtheitswerte. Aus Spö-internen Umfragen geht hervor, dass bei einer Direktwahl des Bürgermeisters 47 Prozent der Wiener für Michael Ludwig stimmen würden. Doch bei der Wienwahl, die wahrscheinlich im Herbst stattfindet, werden Parteien gewählt. Und die absolute Mehrheit für die SPÖ ist in Wien außer Reichweite.
Dafür gibt es mehrere Gründe: Das Burgenland hat rund 230.000 Wahlberechtigte, in etwa so viele wie Donaustadt und Floridsdorf, die beiden Wiener Bezirke am linken Donauufer, gemeinsam. Das Wiener Wahlvolk ist nicht nur größer, sondern auch diverser. Wien ist die größte Universitätsstadt im deutschsprachigen Raum. Jeder Dritte hat Migrationshintergrund. Im Alltag dominieren Fragen der Kinderbeder
treuung, des öffentlichen Verkehrs, des Klimawandels oder leistbaren Wohnens. Darauf will die Wiener SPÖ im Wahlkampf setzen. „Der Erfolg im Burgenland zeigt klar: Wir müssen soziale Themen setzen und damit den Diskurs dominieren“, sagt ein Berater von Michael Ludwig. Anders als im
Burgenland hat die SPÖ in Wien allerdings stärkere Konkurrenz von links: Die Wiener Grünen kamen bei der Nationalratswahl erstmals über zwanzig Prozent und setzen ebenfalls auf soziale Themen und Klimaschutz.
Der größte Vorteil, den der rote Erfolg im Burgenland für Ludwig bringt, ist ein psychologischer. Die Serie der roten Niederlagen ist abgerissen. Es wird nun leichterfallen, die Funktionäre für den Wahlkampf zu motivieren. Gleichzeitig hat der pannonische Triumph aber den Druck auf Wien erhöht. Denn auch, wenn die Ausgangslage eine andere ist: Am Ergebnis von Hans Peter Doskozil wird auch Michael Ludwig gemessen werden.