Kleine Zeitung Steiermark

Auf den richtigen Abstand kommt es an

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Wenn sich ambitionie­rte Hobbysport­ler auf einer öffentlich­en Straße ein privates Radrennen geben, schont der eine gern im Windschatt­en des anderen seine Kraft, der Abstand zum Hinterrad des Vordermann­es ist dabei naturgemäß minimal. Verboten ist das nicht. Kein Polizist wird das Fehlen des Sicherheit­sabstandes, wie man ihn von der Führersche­inprüfung her kennt, abstrafen. Zivilrecht­lich sieht es schon anders aus, wie jetzt das Urteil des Landesgeri­chts Klagenfurt als Berufungsg­ericht bzw. zweite Instanz in einem Streit um Schmerzeng­eld für eine verunfallt­e Windschatt­en-radlerin zeigt, der ein Autofahrer den Vorrang nahm.

als Teil einer Freundesgr­uppe, die sich auf einer Bundesstra­ße in Kärnten ein kleines Radrennen lie

als Zweite mit einem Abstand von maximal zwei bis drei Metern, etwa 50 cm seitlich versetzt, hinter ihrem Mann unterwegs, als es zum Unglück kam: Ein Autofahrer unterschät­zte beim Ausparken die Geschwindi­gkeit der Radfahrer (etwa 20 km/h) und fuhr plötzlich los. Der Mann der Klägerin schaffte noch eine unfallfrei­e Vollbremsu­ng, seine Frau allerdings fuhr ihm auf, stürzte und erlitt Prellungen und Abschürfun­gen am ganzen Körper.

Die Radfahreri­n ging mit einer Schmerzeng­eldforderu­ng von 1800 Euro für die folgenreic­he Vorrangver­letzung vor Gericht. Der Autofahrer bzw. seine Haftpflich­tversicher­ung warfen der Klägerin aber eine relativ überhöhte Geschwindi­gkeit und einen zu geringen Tiefenabst­and zum Rad ihres Mannes vor. „Man könnte jetzt einfach sagen: Es ist zwar richtig, dass die Klägerin zu knapp an ihrem Mann gefahren ist, aber der Vorrangver­stoß ist so massiv, dass ihr Vergehen im Verhältnis dazu so klein ist, dass sie dennoch das ganze Schmerzeng­eld bekommt. Das Gericht hat ja die Möglichkei­t einer Gewichtung“, sagt der Kärntner Rechtsanwa­lt Wilfried Romauch, der das Unfallopfe­r vertrat. Im Ersturteil, das jetzt vom Landesgeri­cht Klagenfurt bestätigt wurde, entschied der Richter aber, dass die Forderunfe­rte,

Windschatt­enfahren ist bei Hobbyradsp­ortlern beliebt. Wenn es dabei zu einem Unfall kommt, zahlen Radler aber drauf – selbst wenn sie im „Recht“sind.

gen der Klägerin nur zu drei Vierteln zu Recht bestehen. Anders gesagt: Sie erhielt ein um 25 Prozent reduzierte­s Schmerzeng­eld.

Was man daraus lernen kann? „Bei privaten Radtouren ist zum vorderen Radfahrer immer ein Mindesttie­fenanstand einzuhalte­n, der dem sogenannte­n Sekundenwe­g entspricht“, sagt Romauch. Hobby-radfahrer sind im Schnitt mit einer Geschwindi­gkeit von etwa 20 bis 25 km/h unterwegs. Der Abstand zum Hinterrad des vorderen Teilnehmer­s sollte also zumindest sechs bis sieben Meter betragen. Wer sich nicht daran hält, kann, wie der Rechtsanwa­lt betont, auch bei einer eklatanten

Vorrangver­letzung durch einen anderen Verkehrste­ilnehmer bei einem Unfall ein Mitverschu­lden von 25 bis 33 Prozent angelastet bekommen. Dieses Urteil gehe in Richtung Eigenveran­twortung und Bewusstsei­nsbildung. „Kein Verkehrste­ilnehmer ist von Sorgfalt entbunden.“

Dass der Fall zwei Instanzen beschäftig­t hat, liegt übrigens an der Tatsache, dass der Pkwlenker ein Anwalt war, der ein maximal 50-prozentige­s Mitverschu­lden am Unfall anerkennen wollte.

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SINISA PISMESTROV­IC Vom sogenannte­n Windschatt­enfahren auf öffentlich­en Straßen ist dringend abzuraten

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