Kleine Zeitung Steiermark

Neubeginn

In Kärnten wird heute nach langen Querelen der neue Bischof geweiht. Josef Marketz muss die krisengebe­utelte Diözese in ruhigere Fahrwasser steuern.

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Leicht wird das Unternehme­n nicht, das die Mitbrüder im Amt heute dem Kärntner Slowenen Josef Marketz auf die Schultern laden. Der ehemalige Caritas-direktor übernimmt eine krisengesc­hüttelte Diözese. Viele Kärntnerin­nen und Kärntner sind wegen der Auseinande­rsetzungen um seinen Vorgänger Alois Schwarz ausgetrete­n, viele sind enttäuscht vom Stil des kirchenint­ernen Streits und von dessen Ergebnis.

Alois Schwarz ist Bischof in Niederöste­rreich und schweigt zu den Vorwürfen. Zur Weihe seines Nachfolger­s kommt er nicht, was unter den gegebenen Umständen wohl richtig ist. Die klaren Worte, um die ihn Marketz in seinem ersten Interview ersucht hat, sind ihm bisher nicht über die Lippen gekommen. Oder wartet Schwarz noch darauf, dass der Vatikan seine Stellungna­hme zum Visitation­sbericht abgibt und das letzte Verfahren gegen ihn endet? Der Diözese, dem Nachfolger, aber auch Schwarz selbst wären offene Worte zu wünschen. Schwelende Wunden belasten den ganzen Organismus, das gilt nicht nur für Individuen.

Darauf zu warten, kommt für Marketz nicht infrage. Er muss sofort damit beginnen, die verlorene Glaubwürdi­gkeit für sein Amt und die Kirche im Land wiederzuge­winnen. Priester brauchen einen Bischof, der sich ihrer annimmt und als Vorbild taugt, Katholiken einen Geistliche­n, der Orientieru­ng vermittelt. Die inneren Zerwürfnis­se müssen ein Ende haben, will die Kirche nicht jede Relevanz verlieren.

Militärbis­chof Werner Freistette­r, der die Diözese interimist­isch geleitet hat, hinterläss­t eine gute Basis für den Neubeginn. Er hat Ruhe in die Kärntner Kirche gebracht und die erhitzten Gemüter zu kühlen verstanden. Was noch aussteht, müssen andere leisten – der Vatikan, Bischof Schwarz und Marketz selbst.

Die Kärntner Kirchenkri­se wirft Fragen auf, die anderswo beantworte­t werden müssten.

Wieso nutzt die Kirche eigentlich nicht die in der weltlichen Wirtschaft entwickelt­en und bewährten Instrument­e der Führung und Kontrolle, um ihre Unternehmu­ngen und Betriebe zu managen?

Wieso dauert es so endlos lange, bis Bischöfe ernannt werden? Im Normalfall ist vom Tag der Ernennung eines Amtsträger­s an bekannt, wann er spätestens sein Rücktritts­ersuchen einreichen muss. Auch alle möglichen Nachfolgek­andidaten kennen die zuständige­n Stellen. Es sollte einer weltweiten Organisati­on möglich sein, reibungslo­se Übergänge in den Diözesen zu ermögliche­n.

Wieso fällt es der Kirche so schwer, Streitfrag­en offen zu diskutiere­n? Bischof Marketz hat in erfrischen­der Offenheit seine Skepsis gegenüber der verpflicht­enden Ehelosigke­it für Priester zum Ausdruck gebracht. Wenig später sah er sich genötigt, die Aussage zurückzune­hmen. Wieso eigentlich?

„Mit ruhiger Hand regieren“wollte der deutsche Sozialdemo­krat Gerhard Schröder einst. Der Vorsatz passt gut als Wunsch an den neuen Bischof.

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