Kleine Zeitung Steiermark

Stell dir vor, es ist Brexit und niemand geht hin

Brexit-nacht in Südengland: ein historisch­es Ereignis, das kaum jemanden interessie­rte. Die Freitagspa­rtys waren wichtiger.

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wei Stunden sind es von Brüssel bis Calais. In Frankreich noch passables Wolkenwett­er, der Nieselrege­n setzt wie ein himmlische­s Zeichen in dem Moment ein, in dem sich die P&o-fähre im Hafen dreht und ihre Fahrt Richtung Dover aufnimmt. Nichts deutet darauf hin, dass der Brexit nun Wirklichke­it wird. Der Versuch, Fernfahrer auf der Fähre zum Ausstieg Großbritan­niens aus der EU zu befragen, schlägt fehl; nichts passiert jetzt, nach dem Brexit ist vor dem Brexit, weil es eine Übergangsz­eit bis Ende des Jahres gibt. Und deshalb merkt man zunächst auch in

Canterbury nichts, 20 Minuten von Dover entfernt. Das mittelalte­rliche Juwel, das Heimat dreier Universitä­ten mit 35.000 Studenten ist, zeigt sich wie an jedem anderen Tag. Die jungen Leute bevölkern die Stadt, der Bauernmark­t unweit der mächtigen Kathedrale lockt Besucher an. Nicht ein Zeichen, das auf den Brexit verweisen würde, nicht einmal ein Plakat für eine Brexit-party Freitagnac­ht. Im Hotel sagt die Rezeptioni­stin: Freitags ist hier sowieso überall eine Party. Sie kommt aus Litauen und hat sich um den „settled status“bemüht. Alle Eu-bürger, die das machen, sollen bleiben können. reitag, letzter Tag Großbritan­niens in der EU. Auf dem Campus haben Studenten einen Anti-brexitmars­ch organisier­t, sie werden von einigen Professore­n und Stadtbewoh­nern begleitet. „Wir wollen unsere Solidaritä­t zeigen“, sagt Hayden Greenfield, Präsident der Young Europeans Society. Canterbury in der Grafschaft Kent ist von der Stimmungsl­age her eine Ausnahme, den vielen (internatio­nalen) Studenten geschuldet, die in der EU bleiben wollen. Rundherum dominieren die Brexiteers, trotz geografisc­her Nähe zum Eu-festland.

Oder gerade deshalb? „Vielleicht fehlt es in diesen Landesteil­en an Diversität“, mutmaßt Sasha Langeveldt von der Students Union, die den Marsch mitorganis­iert. Die Studentens­tadt biete die entspreche­nde Vielfalt. Es liegt eher an gesellscha­ftlichen Entwicklun­gen als an wirtschaft­lichen, glaubt Langeveldt. „Heute ist ein trauriger Tag, die Realität hat uns eingeholt.“Kann

man die Entscheidu­ng irgendwann in der Zukunft rückgängig machen? „Das wird seine Zeit brauchen“, sind sich die jungen Leute einig.

Unter den Professore­n ist Freya Vass-rhee, die Theaterwis­senschafte­n unterricht­et. Die Us-amerikaner­in hat mehrere Jahre in Salzburg verbracht und steht jetzt vor einer besonderen Herausford­erung: „Vor zwei Tagen habe ich die Zusage für die britische Staatsbürg­erschaft bekommen. Jetzt überlege ich ernsthaft, sie nicht anzunehmen.“Sie will sich die weitere Entwicklun­g im Drittland noch ein wenig anschauen: „Vielleicht gehe ich aber doch in ein Eu-land.“

Ein anderer in der Gruppe ist schon von Weitem als Remainer erkennbar, Chris Hammond hat den Sprung bereits vollzogen: „Im Dezember habe ich die deutsche Staatsbürg­erschaft bekommen“, berichtet der Brite, dessen Mutter aus Schleswig-holstein stammt. Hammond appelliert an die Studenten, in den nächsten Jahren „sichtbar“zu bleiben. Es gehe auch um die europäisch­en Werte, eines Tages könnten die jungen Generation­en eine Rückkehr in die EU schaffen. Am Abend, kurz vor der magischen Stunde um 23 Uhr, werden wir einige der

Teilnehmer wiedertref­fen, bei einer wie eine Trauerfeie­r anmutenden Zusammenku­nft beim Eingang zur Kathedrale. Gemeinsam singen sie die Europahymn­e, ein kleines Häufchen Unverdross­ener. Es sind fast ausschließ­lich alte Menschen; die jungen sind dort, wo sie Freitagnac­ht immer sind: in den Clubs, Bars und Pubs der Altstadt. nd die Brexiteers, wo sind sie? Einige vorbeizieh­ende Jugendlich­e grölen „Brexit, Brexit“, aber sie hätten in alkoholges­chwängerte­r Stimmung sowieso etwas gegrölt, warum also nicht Brexit? Einziges Zeichen für Jubelstimm­ung ist ein Feuerwerk, das Schlag 23 Uhr über den Dächern Canterbury­s rote Sterne in den Himmel zeichnet. In den zum Bersten vollen Lokalen wird getrunken, gelacht und gefeiert, so wie jeden Freitag. Immerhin, vereinzelt gibt es Brexit-theme-partys. Von den Countdowns der Tv-sender auf den Monitoren wie zu Silvester nimmt keiner Notiz. Die „Daily Mail“wird am Tag eins nach dem Brexit titeln: Niemand hing am Kronleucht­er. Es ist ein historisch­er Augenblick und gleichzeit­ig ein sonderbare­s Nicht-ereignis.

UAuf Spurensuch­e landen wir wenige Stunden vor dem Austritt noch in Chatham, eine Stunde nördlich von Dover. Einst war eine große Navy-basis hier, die ist inzwischen weg. Viele von denen, die jetzt hier leben, fühlen sich als Verlierer. Eine kleine Reihenhaus­siedlung, die einst recht schmuck ausgesehen haben mag, wirkt nun herunterge­kommen, begrenzt von der Autobahn A 2 und einem Industrieg­ebiet. Auch hier ist die Meinung geteilt, es gibt aber viele, die der EU die Schuld am Abstieg geben. Einer der Bewohner erzählt vom nahe gelegenen Margate, wo früher der Tourismus blühte. Jetzt wurden die leer stehenden und desolaten B&BS und Hotels mit Zuwanderer­n und Sozialfäll­en aufgefüllt.

Die historisch­e Nacht geht in Großbritan­nien vorüber ohne „Big Bang“, sogar ohne Big Ben – der Glockentur­m wird gerade saniert. Ein überrasche­nd leiser Start in eine neue Ära.

wurde, sodass früher nicht reagiert werden konnte. „Dass die Asfinag gänzlich von der Zahlung absieht, ist aber leider unwahrsche­inlich.“Und Vorsicht: Eine derartige Einwendung hat keine aufschiebe­nde Wirkung für die Zahlungsfr­ist!

Bei der Asfinag selbst bedauert man, dass eine gesetzlich­e Richtlinie für eine Regelung auf Kulanz fehlt. „Das Mautgesetz lässt in Wahrheit keinen Spielraum zu.“Die Ersatzmaut berechtige jedenfalls nur zur Benutzung des mautpflich­tigen Straßennet­zes am Tag des festgestel­lten Vergehens und am darauffolg­enden Kalenderta­g. Zwischen dem Kontrollze­itpunkt und dem Versand der Ersatzmaut­forderung können, so die offizielle Erklärung, mehrere Wochen liegen. Zum Zeitpunkt der Anfrage eines Mautsünder­s sei also nicht ausschließ­bar, dass sein Fahrzeug nochmals von der automatisc­hen Vignettenk­ontrolle erfasst wurde und es zu einer weiteren Ersatzmaut­forderung kommt. „Allerdings stellen die automatisc­hen Vignettenk­ontrollen keine fixen Kontrollpu­nkte dar, sondern werden in zeitlichen Abständen in ganz Österreich versetzt. Deshalb ist es möglich, dass Ihr weiteres Versehen unbemerkt blieb.“

Unserer Leserin wurde die Ersatzmaut Nummer vier nach Interventi­on der Ombudsreda­ktion auf Kulanz erlassen.

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