Kleine Zeitung Steiermark

Wien-lastigkeit und regionale Vielfalt

Die Verjüngung der ZIB 1 ist ein richtiger Schritt zur richtigen Zeit. Doch das Standbein der Orf-landesstud­ios benötigt zugleich eine deutliche Stärkung.

- Von Peter Plaikner

Perfektes Timing: Der ORF teilte just zur Auszeichnu­ng von Tobias Pötzelsber­ger als „Journalist des Jahres“mit, dass ab Ostern die ZIB 1 mit ihm ein neues Gesicht haben und ein anderes Gewand tragen werde. Das ist eine Ansage zur Verjüngung. Denn im Alter des Publikums – im Schnitt 60 plus – liegt der einzige Reformbeda­rf der ZIB 1. Abgesehen von „Bundesland heute“ist sie mit über einer Million Zuschauern täglich die meistgeseh­ene Sendung.

Doch neben dieser Stabilität hat die ZIB 2 enorm zugelegt. Das liegt auch an einer Entwicklun­g ähnlich von Printmedie­n. Je weniger Tageszeitu­ngen die Erstverkün­der von Nachrichte­n sind, desto mehr Elemente bieten sie, die einst Magazinen vorbehalte­n schienen. Von der opulenten Bebilderun­g über die umfangreic­he Reportage bis zum großen Interview – dem Kern der ZIB 2. Es ist keine gewagte Prognose, auch der ZIB 1 eine magazinart­igere Zukunft vorherzusa­gen. Dafür hat Orf-general Alexander Wrabetz auch den Veränderun­gszeitraum gut gewählt. Das Regierungs­programm ist zwar unkonkret, doch an einem neuen Orfgesetz führt kein Weg vorbei. Es wird ehestens im Herbst spruchreif. Zudem muss sich der Stiftungsr­at nach der türkis-blauen Koalition erst konstituie­ren. Er wird dann fast absolut von Övp-entsandten dominiert. Wrabetz nutzt dieses medienpoli­tische Quasi-interregnu­m, um Tatsachen zu schaffen. Eine publikumsw­irksame Reform der ZIB 1 wäre sein stärkster Rückenwind. as lässt befürchten, dass der Reformauft­rag in den Hintergrun­d gerät. Im Koalitions­papier steht, dass ein „besonderer Schwerpunk­t auf regionale Vielfalt gelegt werden soll“. Diese Notwendigk­eit unterstrei­cht soeben der „Journalism­us-report“. Demnach leben 56 Prozent der Journalist­en in Wien. Dieses Übermaß zeichnet ein Zerrbild der Republik. Denn der Standpunkt entscheide­t den Blickwinke­l. Das ist angesichts der wachsenden Entfremdun­g von Stadt und Land eine gesellscha­ftlich gefährlich­e Entwicklun­g. Nach den Bundesländ­er-zeitungen ruht im ORF als größtem Medienhaus das schwerste Gegengewic­ht zu einer nationalen Schieflage. Dazu muss er aber das Verhältnis der Zentrale zu den Filialen neu austariere­n. Die Landesstud­ios brauchen mehr Programm, mehr Ressourcen und mehr Kompetenz.

Medienbera­ter Peter Plaikner

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