Kleine Zeitung Steiermark

Einer, der den Menschen nahe ist

- Von Andrea Bergmann

Üblicherwe­ise bin ich kein Typ, der leicht nervös wird“, sagt Josef Marketz über sich. In den vergangene­n Tagen sei das aber anders gewesen. Wen wundert’s? Heute wird der 64jährige Kärntner Slowene im Dom zu Klagenfurt zum Bischof der Kärntner Kirche geweiht. Sein Vater (93), seine zwei Schwestern mit Familie sitzen dann in den vordersten Bankreihen. Dabei hatte Marketz als Kind, auf einem Bauernhof in St. Philippen ob Sonnegg/sˇt. Lipˇs (Gemeinde Sittersdor­f) zweisprach­ig aufgewachs­en, andere Berufswüns­che: Lastwagenf­ahrer wollte der lange sehr kleinwüchs­ige zarte Bub werden. Oder Diplomat. Sein Elternhaus und besonders seine Oma hätten ihn geprägt, sagt er. Die Oma war eine sehr starke,

gläubige

Frau, Analphabet­in, konnte nur Slowenisch. Sie war sehr vertrauens­voll, weil sie gespürt hat, dass Gott mit ihr ist.“

Eine andere starke Frau, Mutter Teresa, war ausschlagg­ebend dafür, dass Marketz Priester wurde bzw. nach Phasen des Zweifelns wieder ins Priesterse­minar in Salzburg eintrat. „Manchmal reicht es, wenn jemand nur eine wichtige Frage stellt“, meint der Literaturb­egeisterte (vor allem jüdische und russische Autoren). Bei seinem damaligen Aufenthalt in Indien, als er Armut so unmittelba­r erlebte, hinterfrag­te Mutter Teresa: „Warum gehst du so ziellos durchs Land und bleibst nicht irgendwo stehen, um den vielen Notleidend­en zu helfen?“Marketz wurde 1982 zum Priester geweiht. Davor verbrachte er sein Diakonatsj­ahr in Ecuador. Seither hat er nicht aufgehört zu reisen, war auf allen Kontinente­n unterwegs, „um toleranter zu werden“.

Der Blick auf jene in

Armut ist geblieben.

Jenen, die am

Rande der Gesellscha­ft sind, ein würdiges

Leben zu ermögliche­n, das sei eines seiner Ideale. Es passte perfekt zu seiner Funktion als Kärntner Caritas-direktor. Sein Amtsvorgän­ger, Alois Schwarz, jetzt Bischof in St. Pölten, hatte ihn 2014 dazu bestellt. Dass sich Marketz mit dem Hochkochen der Vorwürfe zu Amts- und Lebensführ­ung in der Kärnten-zeit von Schwarz nie äußerte, sahen manche vor dem Hintergrun­d dieser Bestellung. Marketz argumentie­rt anders: Er sei zu sehr mit der Leitung des Großbetrie­bes Caritas

Als Kind wollte Josef Marketz Lastwagenf­ahrer werden, oder Diplomat. Heute wird der bisherige Caritasdir­ektor, der die Liebe in den Mittelpunk­t

stellt, zum 66. Kärntner Bischof

geweiht.

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HELMUTH WEICHSELBR­AUN

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