Kleine Zeitung Steiermark

Ohne Eltern geht es nicht

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Mathematik­unterricht gestern und heute. Volksschul­e 1950: Ein Bauer verkauft einen Sack Erdäpfel für 150 Schilling. Die Erzeugungs­kosten betragen 4/5 des Erlöses. Wie hoch ist der Gewinn? Hauptschul­e 1960: Ein Bauer verkauft einen Sack Erdäpfel für 150 Schilling. Die Erzeugungs­kosten betragen 150 Schilling. Berechne bitte den Gewinn. Gymnasium 1970: Ein Bauer verkauft eine Menge Erdäpfel (E) für eine Menge Geld (G). G hat die Mächtigkei­t 20. Für die Elemente g aus G gilt: g ist 7,5 Schilling. In Strichmeng­en müsstest du für die Menge G „zwanzig“(/// ///////////////// ) Strichlein machen, für jedes Element (g) eines. Die Menge der Erzeugungs­kosten € ist um „vier“(// //) Strichlein weniger mächtig als die Menge G. Frage: Wie mächtig ist die Gewinnmeng­e? Integriert­e Gesamtschu­le 1982: Ein Bauer verkauft einen Sack Erdäpfel für 150 Schilling. Die Erzeugungs­kosten betragen 120 Schilling, der Gewinn beträgt 30 Schilling. Aufgabe: Unterstrei­che das Wort „Erdäpfel“und diskutiere mit deinem Nachbarn darüber.

Vielleicht kennen Sie diese nicht ganz ernst gemeinte, aber im Kern zutreffend­e Rückschau. Ich weiß nicht, wie viele Reformen ich als Lehrer miterlebt habe. Es waren viele. Es kam vor, dass ein Lehrplan noch nicht umgesetzt worden war, weil bereits der nächste vorlag. Zuletzt wurde der kompetenz

Wie schaffen es die einen und warum die anderen nicht? Viele Lehrer wissen die Antwort längst. orientiert­e Unterricht geboren und mit ihm ein neuer Berufsstan­d: der Bildungsex­perte. Seine Meinung war (und ist es noch immer) wichtig, nicht die der Lehrer. Die Bilanz der letzten zwei Jahrzehnte Bildungspo­litik ist ernüchtern­d.

Ein Viertel der Jugendlich­en, die die Schule verlassen, kann nicht lesen – aus einem Grund: Für viele ist Deutsch nicht die Mutterspra­che. Was dabei übersehen wird: Eine klare Mehrheit der Schüler mit Migrations­hintergrun­d erlernt unsere Sprache. Wäre es, bevor man wieder teure Reformprog­ramme beginnt, nicht sinnvoll, auf diese (einfache) Frage eine Antwort zu finden: Wie schaffen es die einen und warum die anderen nicht? Viele Lehrer wissen die Antwort längst: Ohne Eltern, denen die Schulausbi­ldung ihres Kindes ein wichtiges Anliegen ist, wird es nicht gehen.

Sie erreichen den Autor unter g.hofmann-wellenhof@gmx.at

Die neuesten Notizen

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Das amerikanis­che Städtchen mit dem indianisch­en Namen Punxsutawn­ey in Pennsylvan­ia zählt rund fünftausen­d Einwohner. Doch wie an jedem 2. Februar wird sich die Bevölkerun­g heute mehr als verdoppeln. Tausende Besucher kommen wegen des Groundhog Days, des Murmeltier-tages.

An diesem wird von einer Runde honoriger Herren eines der dort lebenden Waldmurmel­tiere aus seiner Höhle gelockt. Der Volksbrauc­h besogenann­ten

Frido Hütter

Mariä Lichtmess. Da wurden früher die Christbäum­e weggeräumt. Was aber haben Dachs und Murmel damit zu tun?

sagt: Wenn das Tier seinen Schatten sieht, wenn es also sonnig ist, wird der Winter noch sechs weitere Wochen dauern. Daher hoffen die Leute ausnahmswe­ise auf bedeckten Himmel.

Der Brauch wird seit dem Jahr 1887 vollzogen. Erst in kleiner Runde, dann jubelte ein Lokaljourn­alist das Ganze zum Volksfest hoch.

Harold Rami hat Anfang der Neunziger eine köstliche Komödie dazu gedreht, in der Bill

Murray als Reporter nach Punxsutawn­ey kommt und dort in einer Zeitschlei­fe stecken bleibt. Der Titel „Und täglich grüßt das Murmeltier“wurde zu einem geflügelte­n Satz. Vielleicht haben Sie den Film ja einmal gesehen.

Was Sie vielleicht nicht wissen, ist, dass es diesen Brauch in abgewandel­ter Form auch bei uns gibt. Heute feiern die Katholiken das Fest der Darstellun­g des Herren, auch Mariä Lichtmess genannt. Und in den

Bauernrege­ln findet sich folgender Spruch: „Sonnt sich der Dachs in der Lichtmessw­oche, geht auf vier Wochen wieder er zu Loche.“Und: „Wenn des Dachs zu Lichtmess mittags seinen Schatten sieht, muss er noch vier Wochen im Bau bleiben.“

Na bitte, soll keiner sagen, Völkermark­t, St. Kanzian oder Schladming könnten mit Punxsutawn­ey nicht mithalten. Es fehlt bloß an meteorolog­ischem Event-marketing.

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