Schwarz als dominante Farbe
„Nicht was, sondern wie“: Das Werk des Grafikers und Malers Wilhelm Leibl (1844– 1900) in einer imposanten Retrospektive.
Ein bekanntes Phänomen: Auf etwas aufmerksam gemacht, ist es immer und überall. Diesfalls die Farbe Schwarz im Werk von Wilhelm Leibl. Ob in „Das Mädchen mit der Nelke“oder in seinen berühmten Gruppenbildern wie „Die Dorfpolitiker“: Schwarz war dem Bayern wesentliches Mittel sowohl der Hintergrund- als auch der Figurengestaltung, zur Schaffung von Atmosphäre.
Leibl, 1844 als fünftes von sechs Kindern des Kölner Domkapellmeisters Carl Leibl geboren, beginnt eine Schlosserlehre, ehe er in Köln und München als Künstler ausgebildet wird. Noch als Student fällt er Gustave Courbet auf. Der 25 Jahre ältere Berühmte lädt ihn nach Paris ein, wo er im „Salon“mit einer Goldmedaille geehrt wird. 1878 werden bei der Weltausstellung an der Seine die schon erwähnten „Dorfpolitiker“für Aufsehen und Diskussionen sorgen.
Aus dem Münchner Kunstbetrieb zieht sich Leibl mit knapp 30 zurück und geht mit dem Maler Johann Sperl nach Oberbayern, wo er seiner
Jagdpassion frönen kann. Mit Sperl, mit dem er auch begraben ist, schuf er gemeinsame Bilder. Immer wieder treten Wilderer in Richtung Expressionismus weisenden Grafiken und Gemälden auf. Das in Skizzen erhaltene Bild „Die Wildschützen“sorgt für eine Krise. Zwar schätzen es Kollegen wie Lovis Corinth, sonst stößt es auf so starke Ablehnung, dass es Leibl zerstört.
Das letzte Lebensjahrzehnt des Malers aber, der 1900 erst 56-jährig an Wassersucht stirbt, ist – beginnend mit einer Schau in der Berliner Galerie Gurlitt – eines der Rehabilitation. Zwei der letzten, 1899 und 1900 entstandenen Werke der exzellenten Wiener Retrospektive, die Kohlezeichnung „Das Mädchen mit der Pelzhaube “und das Ölgemälde „Das Mädchen mit der Pelzhaube (Die Wab’n)“führen nochmals eindringlich Wilhelm Leibls Einsatz seiner Lieblingsfarbe vor Augen. Und sein künstlerisches Credo: „Nicht was, sondern wie.“
Walter Titz Wilhelm Leibl. Bis 10. Mai in der Albertina. Wien. albertina.at