Mehr Fußfesseln als Antwort auf überfüllte Gefängnisse?
Häftlinge arbeiten im Durchschnitt 2,59 Stunden pro Tag. Aufnahmekriterien für neues Justizpersonal verwässert.
Der Rechnungshof sieht Verbesserungsbedarf beim Strafvollzug. Wie einem gestern vorgelegten Bericht zu entnehmen ist, sind die Justizanstalten, insbesondere die gerichtlichen Gefangenenhäuser an ihre Belastungsgrenzen gelangt. So liegt die durchschnittliche Auslastung der Gefangenenhäuser bei über 95 Prozent. Einige Gefängnisse sind überbelegt: 2018 betrug die Auslastung der Justizanstalt Wien-josefstadt sogar 117 Prozent. Österreich verzeichnete am Stichtag 1. 1. 2019 9163 Häftlinge, davon trugen etwa 340 Personen eine Fußfessel.
Zur Senkung der Haftzahlen empfiehlt der Rechnungshof einen verstärkten Einsatz des elektronisch überwachten Hausarrests sowie die Überstellung von ausländischen Häftlingen in ihre Herkunftsländer, wo sie ihre Strafen verbüßen sollen. Entsprechende legistische Pläne waren von der früheren türkis-blauen Regierung angedacht worden. Unter Justizministerin Alma Zadic´ (Grüne) werden diese weiterverfolgt.
Die übervollen Gefängnisse führen laut Rechnungshof dazu, dass für etliche Häftlinge keine Beschäftigungsmöglichkeiten gegeben sind. Den Betroffenen fehlt damit eine Tagesstruktur, was sich negativ auf das Klima in den Justizanstalten auswirkt. Statistisch gesehen lag das Ausmaß der Beschäftigung der Strafhäftlinge im Jahr 2018 bei durchschnittlich 2,59 Stunden pro Tag. Beinahe die Hälfte der arbeitswilligen Häftlinge konnte überhaupt nicht beschäftigt werden. Besonders eklatant sei angesichts eines starken Anstiegs von geistig abnormen zurechnungsunfähigen Rechtsbrechern der Mangel an justizinternen Plätzen für den Maßnahmenvollzug.
Schreiben und Rechnen. Schwierig sieht der Rechnungshof den hohen Anteil älterer Bediensteter. 2018 waren mehr als 30 Prozent über 50 Jahre alt, das Pensionsantrittsalter lag bei 58 Jahren. Um genügend Bewerbungen für die Justizwache zu haben, senkte das Justizministerium die Kriterien für den positiven Abschluss eines Bewerbungsverfahrens. So wurden etwa in den Bereichen Rechtschreibung und Allgemeinwissen die Kriterien für „bestanden“von 50 Prozent auf 40 Prozent gesenkt, im Bereich Rechnen von 50 Prozent auf bloß 33 Prozent.